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Martha, Martha, du entschwandest

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Martha (l.) und die anderen im Wohnwagen, der auch noch aus dem Gleichgewicht gerät (und keine Seitenwand hat).
Martha (l.) und die anderen im Wohnwagen, der auch noch aus dem Gleichgewicht gerät (und keine Seitenwand hat). © Barbara Aumueller aumueller@szenenfoto.de

Die Oper Frankfurt nimmt die perfekte Produktion des Flotow-Klassikers wieder ins Programm.

Ist die Arbeitnehmerin am Abend müde und abgespannt, tut es ihr gut, Friedrich von Flotows „Martha“ zu hören. Die Gelegenheiten für ein auch szenisches Erlebnis sind heutzutage begrenzt, und fast könnte man von einem entschwundenen Werk sprechen (entschwunden wie die charmante Titelheldin, der der völlig demoralisierte Tenor entsprechend hinterherschluchzt).

Jedoch wurde es 2016 an der Oper Frankfurt zur Chefsache erklärt, und auch die premierenwürdig (und komplett aus dem hauseigenen Ensemble) besetzte Wiederaufnahme der fabelhaften Produktion dirigierte nun Sebastian Weigle selbst. Wie das Komische will das Süße zu seinem Recht kommen und gelernt sein. Ein Schelm, wer es auf die leichte Schulter nimmt oder aber zu ernst. Es ist das Wesen des Komischen, eben ausnahmsweise einmal nicht ernst zu sein. Trotzdem stellt es Ansprüche. Nun nicht direkt an das Publikum, das sich wirklich auf nichts Beschwerliches einstellen muss, aber doch an die Mitwirkenden, die Fingerspitzengefühl benötigen.

Die Handlung ist lustig, aber auch so bieder, wie man sich das Biedermeier oft vorstellt, und die zarte Andeutung von Schlüpfrigkeit macht es noch penetranter. Auf einem Markt können rüstige Bauern hübsche Mägde für jeweils ein Jahr erwerben, und auch wenn die Mägde ihre beruflichen Fähigkeiten anpreisen, so präsentieren sie sich doch mit Haut und Haar. Wie schön für die Männer, und die Frauen sind auch ganz scharf darauf. Da ist kein Durchwinken, also leuchtet Katharina Thoma die Situation in ihrer Inszenierung hell aus, gutmütig, aber auch klug, mit Ironie und Humor. Während Weigle, Orchester, Chor und Solistenensemble die goldene Tiefe der Süße zum Funkeln bringen.

Letzteres hängt auch stark mit der neuen Besetzung der Titelpartie zusammen, in der Kateryna Kasper ein wunderschönes Rollendebüt abliefert, ihre Stimme in einem eigenartigen Zwischenraum zwischen lieblichem Gezwitscher, der Fülle des Wohllauts, der kultivierten Simplizität (so im Schlager „Letzte Rose“). Als Vertraute Nancy steht erneut Katharina Magiera an Marthas Seite, deren jugendlicher, leichter Alt ideal für die Rolle einer hier keineswegs derb kontrastierenden Besten-Freundin ist. Thoma kann viele Probleme lösen, indem sie überzeugende Frauen zeigt, die sich eben selbst darüber wundern, ihnen das passieren könnte. Ihr steter Begleiter wird maßvoll karikiert von Iain MacNeil als Lord Tristan. Die Männer, mit denen sie den Handel abschließen, verlieren durch ihre Verliebtheit sympathisch den Vorsprung: Gordon Bintner mit schlankem Bariton, Gerard Schneider mit einem Tenor, der einem das Ohr verschließt für alle zweitklassigen Besetzungen des Lyonel. Das Vollendete ist möglich, also will man es auch künftighin bekommen.

Hübsche Pointe, dass Thoma im Januar eine weitere Liebesgeschichte in Frankfurt inszenieren wird, „Tristan und Isolde“.

Oper Frankfurt:  16., 24. November, 14., 21., 23., 25., 31. Dezember www.oper-frankfurt.de

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