Milo Raus „Clemenza di Tito“ :
Nimm dies, Spießer!

Lesezeit: 3 Min.
Künstlerelend: Sextus (Anna Gorjatschowa) kniet vor dem abgestochenen Titus (Bernard Richter) im Flüchtlingslager.
Herzloser Durchblicker: Milo Rau debütiert in Genf als Opernregisseur mit Mozarts „Clemenza di Tito“. Sein Theater ist das Ausagieren eines performativen Selbstwiderspruchs.

Der Schweizer Soziologe und Krisengebietsreporter Milo Rau macht seit knapp zwei Jahrzehnten auch Theater, weil ihm – dem Analysten unserer aktuellen Ökonomie der Aufmerksamkeit – nicht entgangen ist, dass die Kunst immer noch höhere Renditen abwirft als die Publizistik. Nun hat er am Grand Théâtre in Genf mit Wolfgang Amadé Mozarts letztem Bühnenwerk „La clemenza di Tito“ erstmals eine Oper inszeniert, was das Genre insofern ehrt, als sich Rau damit noch einmal einen Hinguckerzuwachs und einen Empörungsprofit verspricht. Denn mit der vielbeschworenen Relevanz von Kunst verhält es sich doch im Grunde so: Sie wächst nicht durch Aktualisierung und Politisierung, vielmehr ist sie schon da und lässt sich zur Verstärkung von Agitation und Selbstdarstellung nutzen.

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