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Cinderella

Musical in zwei Akten
Gesangstexte und Originalbuch von Oscar Hammerstein II.
Neues Buch von Douglas Carter Beane
Zusätzliche Gesangstexte von Douglas Carter Beane, David Chase und Bruce Pomahac
Orchestrierung von Danny Troob
Musikalische Einrichtung und Arrangements von David Chase
Deutsche Fassung von Jens Luckwaldt
Musik von Richard Rodgers

In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 40' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Wuppertal am 9. Dezember 2023


Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Märchenhafter Traum

Von Thomas Molke / Fotos: © Björn Hickmann

Richard Rodgers gehört neben Cole Porter, George Gershwin und Leonard Bernstein zu den erfolgreichen Pionieren des US-amerikanischen Musicals. Von seiner Zusammenarbeit mit dem Textdichter Oscar Hammerstein II. sind vor allem Werke wie Oklahoma!, The King and I und The Sound of Music nicht zuletzt durch die legendäre Verfilmung mit Julie Andrews in Erinnerung geblieben. Bereits zwei Jahre vor ihrem letzten großen Erfolg 1959 mit The Sound of Music schufen Rodgers und Hammerstein II. ein Musical nicht für den Broadway sondern für das relativ neue Medium Fernsehen, das ein Hit für die ganze Familie wurde und eine viel größere Reichweite hatte, als man es in einem Theater erlangt hätte: Cinderella. Für die Titelrolle verpflichtete man die junge Julie Andrews. Aufgrund des großen Erfolgs folgten dem Film-Musical zahlreiche Adaptionen, die in den folgenden Jahren unter anderem am Broadway herauskamen. 2013 setzte sich Douglas Carter Beane mit diesem Werk erneut auseinander, schrieb neue Dialoge, bearbeitete die Handlung stellte einige Nummern um und fügte Songs aus Rodgers' anderen Werken ein. Diese neue Version ist nun in einer deutschen Fassung von Jens Luckwaldt im Opernhaus zu erleben und bietet eine hervorragende Einstimmung auf das nahende Weihnachtsfest.

Der Schuh passt: Ella (Susann Ketley, Mitte) und Prinz Christopher (Jonas Hein, Mitte), 2. von links: Madame (Stefanie Smailes), 3. von links: Charlotte (Edith Grossman), rechts: Gabrielle (Gioia Heid) und Jean-Michel (Dustin Smailes), oben: Graf Dingelstein (Jason Lee) und Chor.

Cinderella heißt in dieser Fassung eigentlich nur Ella. Da "cinder" im Englischen Asche bedeutet, wird sie nur von ihrer bösen Stiefmutter, die sie Madame nennen muss, und den Stiefschwestern zur Demütigung Cinderella genannt. Christopher, genannt Chris, ist ein leicht verunsicherter Prinz, der von seinem Berater Sebastian manipuliert wird, der als eigentlicher Strippenzieher im Reich fungiert. Doch ein junger Rebell namens Jean-Michel, der von Beane in die Geschichte neu eingefügt worden ist, öffnet Chris gemeinsam mit Ella die Augen und lässt ihn zu einem gerechten Herrscher im Königreich werden. Auch die Stiefschwestern werden in dieser neuen Fassung individueller gezeichnet. Gabrielle, Madames Lieblingstochter, die Madame gerne mit dem Prinzen Chris verkuppeln möchte, erkennt im Verlauf des Stückes, wie schlecht ihre Mutter Ella behandelt, und verbündet sich mit ihr. Hinzu kommt, dass sie sich in Jean-Michel verliebt hat und gar nicht an dem Prinzen interessiert ist. Deswegen gibt sie Ella sogar ihr Kleid um an ihrer Stelle zum königlichen Festmahl zu gehen. Neben dem Ball, den der Prinz auf der Suche nach einer zukünftigen Braut veranstaltet, gibt es eine zweite Feier, zu der der Prinz einlädt, um die geheimnisvolle Schöne wiederzusehen, die ihm beim ersten Mal entwischt ist. Erst hier verliert Ella ihren gläsernen Schuh, der dann kurz darauf zur Identifizierung dient und das glückliche Ende einleitet.

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Ella (Susann Ketley, links) wird von Gabrielle (Gioia Heid, Mitte) und Charlotte (Edith Grossman, rechts) geärgert.

Das Regie-Team um Christian Thausing gibt der modernisierten Märchenhandlung einen realen Rahmen und beginnt in einem Kinderzimmer in Wuppertal. Hier sitzt Ella verträumt an ihrem Schreibtisch und malt ein Bild, das ihr ihre Stiefschwestern, die hier noch in modernen Kostümen gekleidet sind, wegnehmen und zerreißen. Niedergeschlagen begibt sich Ella in ihr Bett und träumt sich in eine andere, märchenhafte Welt. Durch beeindruckende Lichtspiele verwandelt sich der Raum. Aus den Schränken treten das königliche Gefolge, der Prinz, sein Berater Sebastian und Graf Dingelstein in märchenhaften Kostümen auf und verwandeln das Zimmer in eine belebte Straße. Ein Lehnsessel erhebt sich plötzlich und greift als Monster den Prinzen an, wird von ihm allerdings besiegt. In diesem Ambiente trifft Chris das erste Mal auf Ella, die ihm schon bei der ersten Begegnung gefällt, bei der sie ihm lediglich einen Becher Wasser reicht. Als nächstes tritt Jean-Michel durch eine Bücherregalwand auf. Von hier bringt er auch direkt das Buch mit, das er Gabrielle schenken möchte. Madame, die mit ihren schwarz-weißen Haaren ein wenig an Cruella de Vil aus Disneys 101 Dalmatiner erinnert, ist davon natürlich nicht begeistert, und wirft ihn aus dem Haus. Auch die Stiefschwestern werden in den üppigen Kostümen von Devi Saha herrlich überzeichnet.

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Der Prinz (Jonas Hein, rechts) ist auf der Suche nach einer Frau (Mitte: Sebastian (Mark Bowman-Hester), links: Graf Dingelstein (Jason Lee)).

Großartig gelingen die Verwandlungen für den Maskenball beim Prinzen. Die gute Fee, die hier Marie heißt, tritt zunächst in weiten roten Lumpen auf, die sie in schnellen Drehungen in einem Lichtspiel abwirft. Darunter kommt ein traumhaftes Kleid zum Vorschein, wie es für eine Fee im Märchen angebracht ist. Noch eindrucksvoller vollzieht sich der Kostümwechsel bei Ella. Sie trägt zunächst eine blaue Jeans und darüber einen weiten hellen Strickpulli, der bis zu den Knien reicht. Nachdem sich ihre beiden Kuscheltiere in einen lebenden Affen und einen Hund verwandelt haben, die beide vom Tanz-Ensemble dargestellt werden, löst sich in beeindruckendem Lichtspiel bei schnellen Drehungen der Darstellerin der weite Strickpulli. Darunter fällt ein langes Kleid herab, und so hat sich Ella blitzschnell in eine Art Prinzessin verwandelt. Als Kutsche fungiert ein riesiger Ballon, der aus dem Schnürboden herabgelassen wird und als Miniatur am Fenster hängt, um anzudeuten, dass dies alles nur ein Traum ist. In diesem Ballon fliegt Ella zum Ball.

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Ella (Susann Ketley) und Chris (Jonas Hein) tanzen auf dem Ball.

Auf dem Ball wird die feine Hofgesellschaft durch ein sehr rücksichtsloses Spiel karikiert, das sich "Ridicule" nennt. Dabei ist es das Ziel, eine andere Person mit möglichst verletzenden Bemerkungen lächerlich zu machen. Charlotte erweist sich darin als wahre Meisterin. Doch Ella dreht den Spieß um, als sie bei diesem Spiel gegen ihre Stiefmutter antreten muss. Sie ist einfach nur freundlich und bringt damit die ganze Gesellschaft ins Wanken. Auf einmal findet ein Großteil der Gäste viel mehr Spaß daran, Nettigkeiten auszutauschen. Madame, Sebastian und Charlotte sind entsetzt darüber. Chris ist fasziniert von der schönen Unbekannten und möchte sie näher kennenlernen. Doch die Mitternacht macht es erforderlich, dass Ella verschwindet. Zu Beginn des zweiten Aktes machen sich alle auf die Suche nach der geheimnisvollen Schönen, die mittlerweile wieder in ihr Zimmer zurückgekehrt ist. Die Tiere verwandeln sich wieder in Stofftiere, und Ella tritt wieder in ihrem ursprünglichen Kostüm auf.

Auch im zweiten Teil wird Ellas Verwandlung in eine schöne Prinzessin beeindruckend umgesetzt. Nachdem Gabrielle ihr ihr Kleid zur Verfügung gestellt hat, um sich selbst heimlich mit Jean-Michel zu treffen, zerreißt Madame das Kleid, so dass Ella eigentlich nur noch einen Fetzen trägt. Der Schimpanse und der Hund schaffen es aber, blitzschnell einzelne Stoffteile so an diesen Fetzen zu setzen, dass Ella erneut in einem wunderschönen Kleid erstrahlt. So gelingt es ihr, erneut beim Prinzen vorzusprechen und ihm Jean-Michel und das einfache Volk vorzustellen. Den gläsernen Schuh verliert sie dann nicht direkt bei ihrer zweiten Flucht, sondern wirft ihn dem Prinzen zu, so dass er sich auf die Suche machen kann. Die Auflösung erfolgt dann relativ schnell, wobei beim glücklichen Ende alle allmählich die Bühne verlassen und Ella allein in ihrem Zimmer zurückbleibt. So war doch alles nur ein wunderschöner, märchenhafter Traum.

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Madame (Stefanie Smailes, vorne) und Charlotte (Edith Grossman, dahinter)

Das Ensemble überzeugt auf ganzer Linie. Da ist zunächst Susann Ketley in der Titelpartie zu nennen. Ketley verleiht der gepeinigten Ella mädchenhaften Charme und zeigt, dass sie allein durch ihre Güte alles zum Guten verändern kann. Stimmlich überzeugt sie mit frischem, jugendlichem Sopran. Jonas Hein macht als Prinz Chris eine enorme Entwicklung durch. Vertraut er anfangs noch relativ naiv auf seinen Berater Sebastian, wird ihm nicht zuletzt durch Ella und Jean-Michel klar, dass Sebastian nur die eigenen Interessen verfolgt und sich nicht um das Wohlergehen des Volkes kümmert. Mark Bowman-Hester gibt den Sebastian herrlich durchtrieben. Großartig ist auch Stefanie Smailes als selbstgefällige, egoistische Madame, die ihre Stieftochter Ella schlecht behandelt und auch nicht davor zurückschreckt, ihre Lieblingstochter Gabrielle aus dem Haus zu werfen, als diese sie hintergeht und sich heimlich mit Jean-Michel trifft. Dass sie hinterher bei Ella um Gnade bittet, nimmt man ihr nicht wirklich ab. Gioia Heid setzt als Gabrielle den Wandel von der arroganten Stiefschwester zur Kämpferin für das Wohl der Armen glaubhaft um. Edith Grossman versprüht als Charlotte eine gehörige Portion Selbstironie in ihrer Bosheit und punktet bei einer eigenen Nummer im zweiten Akt mit dem Damenchor mit souliger Stimme. Dustin Smailes gibt den Rebellen Jean-Michel sehr kämpferisch und zeigt sich herrlich linkisch, als Gabrielle plötzlich sein Werben erhört. Der von Ulrich Zippelius einstudierte Opernchor begeistert genauso wie der Jugendclub der Wuppertaler Bühnen und das Tanzensemble durch große Spielfreude. Johannes Witt führt das Sinfonieorchester Wuppertal mit leichter Hand durch die Partitur und entlässt das Publikum musikalisch mit einem wohligen Gefühl, das zur bevorstehenden Weihnachtszeit passt.

FAZIT

Es muss nicht immer problembeladen und sozialkritisch sein. Manchmal braucht man auch einfach etwas Seichtes fürs Herz.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Johannes Witt

Inszenierung
Christian Thausing

Bühne
Hana Ramujkic

Kostüme
Devi Saha

Choreographie
Evamaria Mayer

Lichtdesign
Florian Kerl

Choreinstudierung
Ulrich Zippelius

Einstudierung Jugendchor
Eva Caspari

Dramaturgie
Laura Knoll

 

Sinfonieorchester Wuppertal

Opernchor der Wuppertaler Bühnen

Jugendclub der Wuppertaler Bühnen


Solistinnen und Solisten

*Premierenbesetzung

Ella
Susann Ketley

Christopher
Jonas Hein

Madame
*Stefanie Smailes /
Tamara Peters

Sebastian
Mark Bowman-Hester

Marie (Gute Fee)
Gundula Hintz

Gabrielle
Gioia Heid

Charlotte
Edith Grossman

Jean-Michel
Nils Karsten /
*Dustin Smailes

Graf Dingelstein
Jason Lee

Tänzer*innen
*Thomas Bauer
*Naila Fiol Diaz
*Sophie Glora
Iván Keim (Swing)
*Lorenzo Malisan
Noemi Martone (Swing)
*Giovanni Nicolella
*Evie Poaros
 

 


Weitere Informationen
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Wuppertaler Bühnen
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