Opern-Uraufführung : Die Toten singen doch
Es ist ein altes Lied, Marlene Dietrich hat es schon gesungen: „Man hat uns nicht gefragt, als wir noch kein Gesicht, ob wir leben wollten oder lieber nicht“. Auch der kleine Philipp, an der Staatsoper Stuttgart unerhört eindringlich zur Präsenz gelangt in Gestalt der japanischen Schauspielerin Sachiko Hara, ist nicht gefragt worden. Aber er hat überlebt – nicht nur das Erdbeben, sondern auch seine Eltern Josephe und Jeronimo. „Von deinen Eltern weiß man nichts“, sagt seine Ziehmutter Elvire. „Spricht man nicht“, ergänzt der Ziehvater Fernando. „Spricht man so wenig, wie du sprichst“, erklärt Elvire. Doch auf dem stummen Gesicht des sprachgestörten, vielleicht sogar autistischen Jungen steht die Frage: Wenn ich selbst schon nicht wollte, bin ich dann wenigstens gewollt worden? Denn der Mensch ist das Wesen, das sich gewollt wissen will. Wenn er schon den Grund zu sich selbst nicht zu legen vermag, will er etwas über diesen Grund, den andere gelegt haben, wissen.