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Das Land des Lächelns

Romantische Operette in drei Akten
Libretto von Viktor Léon, Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda
Musik von Franz Lehár

In deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 25' (eine Pause)

Koproduktion mit der Oper Hongkong und dem Theater Erfurt

Premiere im Opernhaus Wuppertal am 14. Oktober 2018


Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Operettenseligkeit in opulenten Bildern


Von Thomas Molke / Fotos: © Bettina Stöß und Claudia Scheer van Erp

Nachdem der Opernintendant Berthold Schneider in seinen ersten beiden Spielzeiten mit der Rocky Horror Show und My Fair Lady Publikumsrenner aus dem Bereich des Musicals auf den Spielplan gestellt hat, setzt er in dieser Saison erstmals auf die gute alte Operette als Zugpferd. Die Wahl ist dabei auf Franz Lehárs Land des Lächelns gefallen, ein Werk, das nicht zuletzt mit dem wohl beliebtesten Operettenhit aller Zeiten, "Dein ist mein ganzes Herz", den Grundstein dafür gelegt hat, dass Lehár zu einem der berühmtesten Vertreter der so genannten "silbernen Operettenära" avancierte. Dabei kann man sich heute kaum noch vorstellen, dass dieses Stück, das 1923 in Wien zunächst unter dem Titel Die gelbe Jacke zur Uraufführung gelangte, anfangs wenig erfolgreich war. Erst als Lehár sich ein paar Jahre später entschied, das Werk noch einmal zu überarbeiten, und ein neues Libretto von Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda unter dem Titel Das Land des Lächelns anfertigen ließ, trat diese Operette ihren Siegeszug um die ganze Welt an. Hinzu kam, dass man  für die Partie des chinesischen Prinzen Sou-Chong mit Richard Tauber eine Idealbesetzung hatte, was dem Stück zu weiterer Popularität verhalf.

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Der chinesische Prinz Sou-Chong (Sangmin Jeon) liebt die junge Lisa (Ralitsa Ralinova, vorne links) aus Wien (rechts: Damen des Opernchors). (© Claudia Scheer van Erp)

Die Idee für das ursprüngliche Libretto lieferte ein chinesischer Prinz namens Sukong, der als Diplomat im Hause des in Wien lebenden Librettisten Victor Léon ein und aus ging und von dem Léon allerlei Einzelheiten über chinesische Sitten und Bräuche erfuhr. Dass dieser Prinz auch in die Hausherrin verliebt war, ist allerdings nur eine Vermutung. Jedenfalls ließ sich Léon von ihm inspirieren, eine Geschichte über den chinesischen Prinzen Sou-Chong zu verfassen, der sich in Lisa, die Tochter des Grafen Lichtenfels verliebt, und sie entgegen aller Konventionen mit nach China nimmt. Dort währt ihr Glück allerdings nicht allzu lange, da Sou-Chong aufgrund seiner Stellung der Tradition folgen und vier Mandschu-Prinzessinnen ehelichen soll. Lisa ist nicht bereit, den geliebten Prinzen mit anderen Frauen zu teilen, auch wenn ihr Sou-Chong versichert, dass es sich bei dieser Vermählung nur um eine Formalität handele und er nur sie, Lisa, liebe. Gemeinsam mit ihrem Jugendfreund Gustav, der ihr nach China nachgereist ist, plant sie die Flucht, die Sou-Chong allerdings vereitelt. Dennoch erkennt er, dass er Lisa nicht gegen ihren Willen in China halten kann, und lässt sie gemeinsam mit Gustav ziehen. Während er in Léons Fassung, Die gelbe Jacke, nach diesem Entschluss mit seiner Schwester Mi, die sich in Lisas Jugendfreund verliebt hat, als Diplomat nach Wien geschickt wird und es somit zwei glückliche interkulturelle Paare gibt, verzichten Herzer und Löhner-Beda in der überarbeiteten Fassung auf das Happy End. Mi bleibt bei ihnen traurig in China zurück, und Sou-Chong beugt sich schweren Herzens nach der Devise "Immer nur Lächeln" den gesellschaftlichen Normen.

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China in opulenten Bildern: Mitte: Tschang (Sebastian Campione) mit dem Opernchor und der Statisterie (© Bettina Stöß)

Um aus diesem Stück, das inhaltlich an einigen Stellen sicherlich fragwürdig ist, einen Klassenschlager zu machen, reicht es auch bei einer guten Besetzung häufig nicht aus, nur auf die zahlreichen Ohrwürmer zu setzen. In Wuppertal hat man sich folglich zu einer Koproduktion mit der Oper Hongkong und dem Theater Erfurt entschieden, um in einer opulenten Ausstattung zu schwelgen. Dafür hat Hsiu-Chin Tsai in China originalgetreue Kulissen und Kostüme angefertigt, die den Traum von fernöstlichen Welten realisieren. Wenn sich nach der Pause der Vorhang zu einem opulenten chinesischen Palast hebt, ist ein Teil des Publikums derart begeistert, dass die Zuschauer in die Musik hineinklatschen, um ihre Begeisterung darüber kundzutun. Vielleicht ist das auch als Reaktion auf die sonst häufig doch eher spartanischen und modernen Bühnenbilder zu deuten. Der Saal im Haus des Grafen Lichtenfels im ersten Akt besticht ebenfalls durch ein aufwändig gestaltetes Bühnenbild und wunderbar opulente Kostüme, die die selige Operette in all ihrem wunderbaren Kitsch ernst nehmen. Für manchen mag das zu viel des Guten sein, aber kann man dieses Werk überhaupt modernisieren, ohne dabei den Charme des Stückes zu zerstören?

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"Bei einem Tee à deux" kommen sich Lisa (Ralitsa Ralinova) und Sou-Chong (Sangmin Jeon) näher. (© Bettina Stöß)

Musikalisch lässt der Abend ebenfalls keine Wünsche offen. Mit Sangmin Jeon verfügt man im Wuppertaler Ensemble über einen Tenor, der nicht nur optisch für die Partie des Prinzen prädestiniert ist. Sein lyrischer Tenor strahlt in den Höhen so klar und rein, dass er in seinen beiden großen Arien, "Dein ist mein ganzes Herz" und "Immer nur Lächeln", den Vergleich mit berühmten auf Schallplatte und CD verewigten Tenören an keiner Stelle zu scheuen braucht. Mit Ralitsa Ralinova hat er eine sehr jugendliche Lisa an seiner Seite, die die Tochter des Grafen von Lichtenfels, mit mädchenhaftem Sopran und sauberen Spitzentönen anlegt. Allerdings ist es gut, dass die Arien übertitelt werden, so dass der Text auch durchgängig verständlich ist. Die beiden Duette mit Jeon, "Bei einem Tee à deux" und "Wer hat die Liebe uns ins Herz gesenkt?", avancieren zu weiteren musikalischen Höhepunkten des Abends. Mark Bowman-Hester stattet Lisas Jugendfreund "Gustl" mit einem beweglichen Spieltenor aus und verfügt über ein gutes Textverständnis. Nina Koufochristou punktet als selbstbewusste Chinesin Mi mit großem Spielwitz und frischem Sopran. In ihrer Arie "Im Salon zur blauen Pagode" sagt sie ihrem Onkel Tschang äußerst keck die Meinung und spielt gekonnt mit ihren weiblichen Reizen. Mit Bowman-Hester gibt sie anschließend in dem Duett "Meine Liebe, deine Liebe" ein großartiges Buffo-Paar ab, dem allerdings leider auch kein glückliches Ende in dieser Operette beschert ist.

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"Meine Liebe, deine Liebe": Mi (Nina Koufochristou) und Graf Gustav von Pottenstein (Mark Bowman-Hester) (© Bettina Stöß)

Sebastian Campione strahlt als strenger Onkel Tschang große Autorität aus und überzeugt darstellerisch als unsympathische Figur des Abends, wenn er den Prinzen schließlich n die Knie zwingt und das junge Glück zerstört. Jeon spielt dabei den inneren Kampf glaubhaft aus, so dass man wie Lisa schon beinahe ein wenig Angst vor ihm bekommt, wenn er sie in seiner Verzweiflung plötzlich als ein "Ding ohne Rechte" bezeichnet, das er sogar "köpfen" lassen könne, wenn er wolle. Ansonsten hätte man sich in den Zwischenszenen ein bisschen mehr Personenregie gewünscht. So hat man den Eindruck, dass die gesprochenen Text nur als Überleitung zur nächsten musikalischen Nummer dienen, dabei aber szenisch etwas blutleer bleiben. Der Opernchor der Wuppertaler Bühnen, der auch kleinere solistische Rollen wie Lisas Vater, den General und Tante Hardegg übernimmt, glänzt sowohl im Wien-Akt als auch in China nach der Pause in opulenten Kostümen und überzeugt durch homogenen Klang. Johannes Pell lässt mit dem Sinfonieorchester Wuppertal aus dem Graben pure Operettenseligkeit erklingen, so dass das Publikum optisch und akustisch in jeder Hinsicht schwelgen kann. So gibt es am Ende großen und verdienten Applaus für alle Beteiligten, in den sich auch das Regie-Team unter großem Jubel einreiht.

FAZIT

In Wuppertal traut man sich Lehárs Land des Lächelns mit allem Kitsch auf die Bühne zu bringen und trifft damit die richtige Entscheidung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Johannes Pell

Inszenierung
Guy Montavon

Szenische Einstudierung
Viktoria Knuth

Ausstattung
Hsiu-Chin Tsai
Hank Irwin Kittel

Chor
Markus Baisch

 

Sinfonieorchester Wuppertal

Opernchor der
Wuppertaler Bühnen

Statisterie der
Wuppertaler Bühnen


Solisten

*Premierenbesetzung

Graf Ferdinand von Lichtenfels
*Marco Agostini /
Jochen Bauer

Lisa, seine Tochter
Ralitsa Ralinova

Graf Gustaf von Pottenstein
Mark Bowman-Hester

General
Andreas Heichlinger /
*Oliver Picker

Tante Hardegg
Barbara Pickenhahn /
*Ute Temizel

Prinz Sou-Chong
Sangmin Jeon

Mi, seine Schwester
Nina Koufochristou

Tschang
*Sebastian Campione /
Gregor Loebel

Chinesischer Diener
Oliver Grice

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



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