Poulenc-Oper in Frankfurt :
Der Sarg als Inkubator der Auferstehung

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Guillotine heißt, sich selbst loszuwerden. Maria Bengtsson (Blanche, rechts) und Mirjam Motzke.
Auch wenn der christliche Glaube hier einmal mehr als Wahn einer armen Irren abqualifiziert wird, bietet der Regisseur Claus Guth mit „Dialogues des Carmélites“ von Francis Poulenc an der Oper Frankfurt glänzendes Theater. Der Gesang ist das pure Glück.

Religion ist etwas für Bekloppte oder für Drückeberger. Für jene also, die mit dem, was wir „Wirklichkeit“ nennen, nicht klarkommen. So lautet das Gegenwartsdogma der Musiktheaterregie. Man kann schon vorher Wetten abschließen, dass Renata in jeder Neuinszenierung von Sergej Prokofjews „Der feurige Engel“ einen an der Klatsche hat. Und auch in Claus Guths Neuinszenierung von Francis Poulencs „Dialogues des Carmélites“, die jetzt an der Oper Frankfurt gezeigt wird, ist die junge Aristokratin Blanche de la Force, die sich entschließt, Nonne zu werden, eine arme Irre. Wenn sie inmitten des Revolutionsterrors – die Hinrichtung der sechzehn Karmeliterinnen vom Kloster Compiègne im Jahr 1794 ist belegt – zusammen mit ihren Glaubensschwestern aufs Schafott geht, dann bedeutet das bei Claus Guth vor allem das Ausagieren einer Psychose im Kopf der Hauptfigur: alles Einbildung ohne Außenweltbezug.

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