„Werther“ in Stuttgart :
Das Geheimnis der Berührung

Lesezeit: 3 Min.
Im Tod vereint: Rachael Wilson und Arturo Chacón-Cruz
Die Musik von Jules Massenet weiß von den intimsten Geheimnissen der Menschen, ohne sie heraus zu posaunen. Mit Rachael Wilson als Charlotte in „Werther“ an der Staatsoper Stuttgart gibt es eine ideale Sängerin dafür.

Rachael Wilson – diesen Namen muss man sich ab heute merken! Man kann den Blick und das Ohr nicht abwenden von dieser Sängerin. Sie sitzt in der Staatsoper Stuttgart auf dem weißen Manegenrund, das Katharina Pia Schütz als kargen Grundriss einer Beziehungsdruckkammer entworfen hat, und ist hin- und hergerissen zwischen Werther und Albert. Sie sagt nichts, sie singt nichts. Man sieht nur ihr Gesicht, auf dem ein hinreißendes Lächeln zum Zeichen des Kampfes wird. Sie ringt als Charlotte um Contenance inmitten einer furchtbaren Verstörung. Loyal will sie bleiben zu Albert, den zu heiraten sie der verstorbenen Mutter gelobt hat. Aber Werther, dieser begossene Pudel in viel zu großen Hosen und einem Seidenblazer mit hängenden Ärmeln (erdacht von Elke von Sivers), dieser Werther mit seinem roten Rosenstrauß hat sie angerührt: durch seine Offenherzigkeit, seine himmlische Begabung, berührbar zu sein für die ganze Welt und diese Nahbarkeit auch auszustrahlen.

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