Tristan und Isolde: Auftakt in Bayreuth ohne "Wow-Momente"
Der Liebestrank ist getrunken, Tristan und Isolde sind entflammt - und am Ende gestorben, in der Auftaktpremiere der Bayreuther Festspiele. Intendantin Katharina Wagner war hinterher rundum zufrieden mit dem Festival-Start.
Vier Stunden dauerte die Opernaufführung. Zu Beginn plätschert das Wasser noch friedlich im ovalen Pool des Luxusliners, der Isolde zu ihrem künftigen Gatten König Marke nach Cornwall bringen soll. Doch zunehmend kommt Leben in das Nass. Blutrote Schlieren durchziehen das Wasser, die immer schwärzer werden. Auch der erst blaue, zart bewölkte Himmel obendrüber wird bedrohlicher. Und als Tristan und Isolde den berühmten Trank runterstürzen, wird daraus plötzlich ein wilder Strudel. Die Liebenden geraten buchstäblich ins Auge eines Taifuns, werden mitgerissen in eine entrückte Meta-Welt der Leidenschaft und der Sehnsucht. Diese ovale Fläche von Bühnenbildner Piero Vinciguerra ist Dreh und Angelpunkt dieser Inszenierung. Durch raffinierte Projektionen wird sie zu einer Art Raumschiff für die Titelfiguren, die sie in andere Welten entführt.
Textverständlichkeit bei "Tristan und Isolde" lässt zu wünschen übrig
Die Sehnsucht des Publikums wollte Regisseur Roland Schwab ansprechen, es mit poetischen Bildern verführen, und diesem Vorsatz kommt er nach. Tatsächlich brennen sich manche Bilder ein. Leider erschöpfen sich diese Bilder-Installationen schnell auch in bloßem Ästhetizismus. Auch da die Sänger über weite Strecken in Sachen Personenregie völlig alleingelassen sind, gibt es mitunter starken Leerlauf. Manche Szenen, wie ein älteres Paar, das am Ende herzig Händchen hält, streifen gefährlich die Grenze zum Kitsch. Dass das Musikdrama auf der Strecke bleibt, liegt auch daran, dass die Textverständlichkeit zu wünschen übrigläßt. Ausnahmen bilden der gloriose Georg Zeppenfeld als Marke und Markus Eiche als stimmschöner, geschmackssicherer und kerniger Kurwenal. Jekaterina Gubanowa bleibt als Brangäne leider ziemlich blass. Die Stamina von Stephen Gould ist nach wie vor beeindruckend. Auch in den Fieber-Wehen muss man nie Angst um ihn haben. Er muss sie nicht aus dem Leiden entwickeln, sondern meistert sie potent. Was aber fehlt, sind die lyrischen Zwischentöne des Tristan.
Das Publikum der Bayreuther Festspiele war begeistert
Catherine Foster startet fulminant mit runden, wuchtigen Tönen. Sie ist im ersten Aufzug stolze Königstochter, deren Schmerz glaubwürdig ist. Leider schleichen sich mit zunehmendem Abend immer wieder Intonationstrübungen ein. Auch deshalb fehlen diesem Tristan 'Wow-Momente' wie "Oh, sink hernieder, Nacht der Liebe" oder "Der Liebestod". Stellen, die Gänsehaut bereiten. Beeindruckend ist, wie Markus Poschner auch als Einspringer das Risiko sucht, an dynamische Grenzen geht und mit dem Bayreuther Festspielorchester den symphonischen Wert der Partitur erlebbar macht. Vielleicht stellt sich das besondere Tristan-Prickeln im Laufe der Vorstellungen noch ein. Das Publikum war schon bei der Premiere enthusiastisch und feierte die Beteiligten frenetisch.