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Und irgendwann heben alle ab: „Lohengrin“ bei den Bayreuther Festspielen

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Klaus Florian Vogt, Petra Lang und Camilla Nylund
Blauäugige Regie: Szene mit (v.re.) Klaus Florian Vogt, Martin Gantner, Petra Lang und Camilla Nylund. © Enrico Nawrath

Letztmals ist in diesem Sommer der Bayreuther „Lohengrin“ in der Ausstattung von Neo Rauch zu erleben. Die Wiederaufnahme wird zum musikalischen Ereignis.

Ein Umspannwerk, alles in Blau, wie auf die Leinwand geworfen – was kein Kunststück ist: Bayreuth hat sich 2018, zur Neuinszenierung des „Lohengrin“, Maler Neo Rauch als Ausstatter geleistet. Manchmal, wenn Wagner wieder irgendein Wunder vorgesehen hat, blitzt es oder jagt der Strom wie weißes Licht durch die Kabel. Auch das komplementäre Orange gibt es. Menschen mit sehr wunderlichen Perücken und Insektenflügeln stehen herum, wedeln einmal zu Elsas und Lohengrins Hochzeit lustig mit den Händen. Doch irgendwann kümmert Yuval Sharons Regie an diesem Wiederaufnahme-Abend der Festspiele keinen mehr. Denn dort, auf dieser Bühne, ist die bestmögliche Besetzung aktiv. Und Bayreuth für vier Stunden tatsächlich das, was sich alle immer wünschen: das Zentrum der Wagner-Welt.

Eine Rolle sei dabei ausgeklammert, Petra Lang, die wacker forcierende Ortrud. Doch ansonsten kann man ab dem ersten Ton alles mitschreiben. Wer will, auch die Noten, die Christian Thielemann wie eine Wundergirlandenkette aus dem Graben dringen lässt. Mehr Verfeinerung im „Lohengrin“ geht nicht, mehr Analyse, dramatisches Bewusstsein und Klanglust auch nicht.

Weiterhin ungeschlagener Schwanenritter: Klaus Florian Vogt

War Klaus Florian Vogt, weiterhin ungeschlagener Schwanenritter, je besser? Kräftiges kann er seine Stimme mittlerweile gestatten, und doch ist da immer wieder das Zurückpegeln ins magische, kopfstimmenresonante Piano. Und irgendwann, so ist das in Ausnahmevorstellungen, hebt der Abend ab: Alle geraten sie ins Fliegen. Camilla Nylund als lyrisch grundierte Elsa, die inzwischen Riesenräume mit ihrem dunklen Sopran fluten kann. Martin Gantner als degenmesserscharfer, textkluger Telramund. Georg Zeppenfeld als König Heinrich, vor dem nicht nur die Mannen niederknien müssen. Oder Derek Welton, der als Heerrufer Wotan-Klänge mitschwingen lässt (den er bereits in Berlin gesungen hat). Auch im Festspielchor fällt kein Konsonant unter den Tisch. Die Präzision beim ersten Auftritt Lohengrins, vielleicht die heikelste Chor-Stelle der gesamten Opernliteratur, verblüfft.

Ein musikalischer Riesensprung ist dieser Abend im Vergleich zum neuen „Ring“, der sich gerade in Bayreuth rundet. Der Vergleich ist ein bisschen unfair. Das „Lohengrin“-Team hatte viel mehr Zeit zum Zusammenwachsen. Nach diesem Sommer ist Schluss mit der Produktion. Was bedeutet: vorerst auch mit Thielemann, bis vor Kurzem Musikdirektor in Bayreuth. Er hätte dann keine Oper mehr, für die er im Festspielhaus vorgesehen ist; die nächsten Premieren gehen an Kolleginnen und Kollegen. Das Publikum stimmt schon mal per Akklamation ab – mit rhythmischem Klatschen und dem bislang phonstärksten Jubel der Premierenwoche.

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