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Opernhaus als Eiswüste: Nonos „Intolleranza 1960“ in Berlin

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„Intolleranza 1960“
Darstellerinnen und Darsteller während der Fotoprobe vor der Premiere von Luigi Nonos „Intolleranza 1960“ in der Komischen Oper. © Gerald Matzka/dpa

Luigi Nonos „Intolleranza 1960“ feierte in der Komischen Oper in Berlin Premiere. Am Ende gab es viel Jubel und anhaltenden Beifall für Solisten, Chor, Orchester und Regieteam.

Berlin - Die Komische Oper Berlin ist ein baulicher Sanierungsfall. In den kommenden Jahren stehen umfassende Arbeiten und ein erweiternder Neubau an. Die Premiere von Luigi Nonos „Intolleranza 1960“ schien da schon viel von den kommenden Umwälzungen vorwegzunehmen.

Für die Inszenierung von Marco Štorman hat Bühnenbildner Márton Ágh das Opernhaus komplett umgebaut: Der Zuschauerraum ist in ein Eismeer verwandelt, das Orchester spielt im zweiten Rang, Dirigent Gabriel Feltz steht mit einem Podest vor der Brüstung in knapp acht Metern Höhe, das am Ende begeisterte Premierenpublikum hockt auf der Bühne und um das Endzeitszenario.

Nonos erstes Musiktheaterwerk in einer an seinen Schwiegervater Arnold Schönberg angelehnten Zwölftontechnik erzählt von den gesellschaftlichen Problemen und politischen Katastrophen seiner Zeit. Der Stoff reicht gleichzeitig übergangslos in gegenwärtige Konflikte. Der Kommunist Nono nutzt dabei auch Texte etwa von Jean-Paul Sartre oder Bertolt Brecht.

Es geht um einen Arbeitsmigranten (Sean Panikkar), der in einer eingefrorenen Welt den Weg zurück ins Leben sucht. Auf einer Odyssee gerät er in Unruhen, wird gefoltert, kämpft gegen Ungerechtigkeit. „Gewalt kündigt sich an. Sie ist nicht einfach da“, heißt es in einem in die Oper integrierten Text der Autorin Carolin Emcke. Der Zufluchtsort des Migranten wird schließlich von einem Hochwasser fortgespült.

Die Endzeitstimmung im Eismeer des Bühnenbilds wird durch Nonos Musik in Grenzbereiche getrieben. Das Orchester füllt den akustischen Raum allein schon durch sechs Pauken und zwölf Schlagwerke. Bei Nono vermittelt sich Bedeutung von Wörtern auch durch Klangqualität. So singen die Stimmen im Chor teils nur jeweils ein Wort, erst zusammen ergeben sich Sätze und Melodie - verständlich ist das nicht zwingend. Wohlklang zählt bei Nono ohnehin nicht.

Der Abend gerät zu einem musiktheatralischen Paukenschlag, mit dem die neue Doppelspitze Susanne Moser und Philip Bröking die Intendanz von Barrie Kosky übernimmt. Am Ende gibt es viel Jubel und anhaltenden Beifall für Solisten, Chor, Orchester und Regieteam. dpa

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