"Lohengrin" in München feinstes Wagner-Musiktheater

03. Dezember 2022 - 23:29 Uhr

München (MH) – Der erste große Jubel bereits nach dem 1.Akt, nach dem letzten Ton der Richard Wagnerschen Sphärenklänge Standing Ovations: die "Lohengrin"-Regiearbeit von Kornél Mundruczó an der Bayerischen Staatsoper wurde am Samstag gefeiert. Eine bildlich fast antiseptisch wirkende Ästhetik gewinnt durch optische Kunstgriffe, psychologisch überzeugende Personenregie mit viel körperlichem Ausdruck und vor allem die musikalische Gestaltung elektrisierende Dynamik und poetische wie hochdramatische Gänsehautmomente. In dieser Koproduktion mit dem Shanghai Grand Theatre dachte das Regieteam auch immer wieder in asiatischen Symbolen und orientalischen Reminiszenzen, was dem metaphysischen Gehalt spannende Nuancen gibt.

"Lohengrin"

"Lohengrin"

Der neue Münchner Lohengrin heißt nun – endlich – Klaus Florian Vogt, und sein für die Rolle prädestiniertes Timbre passt in die von Helligkeit und Lichteffekten bestimmte Bühnenoptik dieser Inszenierung besonders gut. Stimmlich hat er viel an Gestaltungsmöglichkeiten gewonnen, kluger Umgang mit der Kondition und beste Stimmkultur lassen die Gralserzählung trotzdem zum Schlüsselmoment der Oper werden. Als Elsa feiert Johanni van Oostrum ihr Rollendebut, ein großer, gut geführter Sopran, der die Zerbrechlichkeit vermissen lässt, die man von Sopranen in dieser Rolle kennt und gewohnt ist. Unglaublich als Ortrud ist Anja Kampe, die jede Phrase und jedes Wort sozusagen zwischen Schlange und Schwert gestaltet – eine Weltklasse-Interpretation dieser Gegenspielerin der Ritterbraut. Johan Reuter als Friedrich von Telramund könnte durch Aussprache noch an Durchschlagskraft gewinnen. Natürlich muss man den Heerrufer von Andrè Schuen erwähnen – der Liedsänger mit dem schönen Bariton gibt der Rolle viel Gewicht. Mika Kares ist ein solider Heinrich der Vogler.

Ein Genuss zu hören: das Bayerische Staatsorchester, das François-Xavier Roth so leitet, dass man neben faszinierenden Momenten vor allem das Gesamterlebnis registriert. In einem auch dynamisch gekonnt durchgestalten Klangfluss gewinnt das Werk neue Überzeugungskraft. "Wir wollen die Essenz bewahren und trotzdem eingefahrene Klischees vermeiden, die solche berühmten Werke oft in Geiselhaft nehmen", formulierte der Ungar Mundruczó seinen Regieplan. Der ist nahezu hundertprozentig aufgegangen. Diese Produktion ist vielschichtiges wagnersches Musiktheater vom Feinsten.

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(mk/wa)

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