Händel in Frankfurt :
Zwischen den Grenzen der Geschlechter

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Das Kleid, entworfen von Raphaela Rose, ist ein Traum, die Stimme von Kateryna Kasper als Angelica aber auch.
Balzende Schäferinnen, verletzliche Soldaten, verwirrte Ritter, beherrschte Prinzessinnen: An der Oper Frankfurt inszeniert Ted Huffman Georg Friedrich Händels „Orlando“.

Es ist, sprechen wir es umstandslos aus, ein klingendes Fest weiblicher Balz und Lust: Monika Buczkowska als Schäferin Dorinda flötet und girrt mit ihrem bezaubernden Sopran wie ein liebestolles Nachtigallenhähnchen, und ihre Schweller – die in der Lautstärke langsam an­wachsenden, vor Sehnsucht bebenden Tonwiederholungen – suchen in der Nachahmung der Natur zugleich deren Überbietung. Die Imitationsästhetik, für die Georg Friedrich Händel zu Beginn des zweiten Aktes seiner Oper „Orlando“ ein betörendes Paradebeispiel gibt, ist ein altes Verfahren kultureller Aneignung: die Übertragung des Vogelgesangs auf eine menschliche Praxis der Partnerwerbung. Zugleich aber, und das ist Händels hübsche Finte, verschafft er einer Frau die Chance einer Werbetechnik, die biologisch im Tierreich dem männlichen Ge­schlecht vorbehalten ist.

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