Volksoper Wien: Mozarts „Die Hochzeit des Figaro / Le nozze di Figaro“

Volksoper Wien/Le Nozze di Figaro/Foto © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Eine herkömmliche Produktion von Mozarts komischer Oper in vier Akten „Le nozze di Figaro“ brachte die Wiener Volksoper am 3. April 2023, – die Premiere fand bereits am 25. November 2012 statt -, vor nahezu ausverkauftem Haus. Da an der Volksoper die Stücke immer sehr lange gespielt werden, gibt es dort kaum wirkliche Neuproduktionen, eher Wiederaufnahmen, dazu werden alle Inszenierungen über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, gespielt. Erstmals kam dieses Werk am 15. November 1905 an der Volksoper zur Aufführung, folglich kann dieses Theater auf eine lange Aufführungstradition zurückblicken. (Rezension der Vorstellung v. 03.04.2023)

 

Als Grundlage für das sehr spärliche Bühnenbild (Bühne: Marco Arturo Marelli), bestehend aus einem Fenster, einem Bettgestell, einer Matratze, später einem mittig platzierten Bett und einem Schminktisch, dienten zwei barocke Gemälde, so der „Kampf mit dem Giganten“ und „Der Sturz der Giganten“ von Francisco Bayeu y Subias. Nicht nur der Bezug auf barocke Bildkunst, sondern auch auf historische Kostüme (Dagmar Niefind) und Requisiten, die scheinbar aus der Mottenkiste oder dem Fundus stammen, lassen an vergangene Zeiten gemahnen. Betrachtet man die dortige Inszenierung von Marco Arturo Marelli, der seit 1973 mit Unterbrechungen für die Volksoper tätig ist, so stellt sich schnell die Frage, ob diese Oper zur heutigen Deutung vielleicht zu sehr aus der Zeit gefallen ist oder ihre Inhalte uns heute nichts mehr zu sagen haben. Denn ein Gegenwartsbezug ist in keiner Weise erkennbar. Die elfjährige Inszenierung plätschert so vor sich hin, ergeht sich in einfachsten Scherzen und derben Witzen, – was das dortige Publikum erstaunlicherweise aber doch zum Lachen bringt -, und ist überhaupt sehr plakativ ausgelegt. Eine zweite Ebene oder Hintergedanken zum Stück fehlen völlig. Dafür bietet es mit einfachsten Mitteln eine witzig-komödiantische Unterhaltung, die sich dem unterhaltungswilligen Publikum, das von der Realität abschalten möchte, nur allzu sehr anpasst. Dem zum Nachdenken bereiten Publikum allerdings scheint es zu seicht, ja fast langweilig. Eine lange Umbauphase während des Stückes und das Hereinlassen des Publikums während der laufenden Vorstellung sind ungewohnt.

Volksoper Wien/Le Nozze di Figaro/Foto © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

In musikalischer Hinsicht ist es eine passable, wenn auch nicht außergewöhnliche Produktion, doch wird immerhin die Originalsprache Italienisch gesungen, zum Verständnis gibt es deutsche Übertitel. Alfred Eschwé und das Orchester der Wiener Volksoper, im auffallend kleinen Orchestergraben, nehmen die Ouvertüre stürmisch schwungvoll und leicht beschwingt. Diese Leichtigkeit zieht sich markant durch die ganze Oper, und wirkt fast schon operettig. Der amerikanische Bassbariton Evan Hughes als Kammerdiener des Grafen, Figaro, schwarz-rot gekleidet, ist sehr gut besetzt, wenn er auch teilweise vom Orchester übertönt wird. Lauren Urquhart, seit 2019/20 im Ensemble, als Kammermädchen Susanna, in blau-weißem Kleid mit Schleier, besticht durch die mühelose Leichtigkeit ihres lyrischen Soprans, wenn sie auch einmal ihren Gesangseinsatz zu zeitig nimmt. Der deutsche Bass Alexander Fritze als Arzt Dr. Bartolo, in braunem Frack, begeistert durch seine profunde, dröhnende Tiefe. Die deutsche Mezzosopranistin Sofia Vinnik als Page des Grafen, Cherubino, in braunem Anzug und mit Zopf, fasziniert durch ihre leichte, perlende Stimme mit der warmen Tiefe und ihr freches Spiel. Pablo Santa Cruz (Opernstudio) als Antonio, Gärtner des Grafen und Onkel Susannas, passend mit Blumen und Sonnenhut ausgestattet, gefiel mit warmem, dunklem Stimmklang und seinem lustig, gewitzten Spiel. Ganz passabel die amerikanische Sopranistin Jaye Simmons (Opernstudio) als Barbarina, Birgid Steinberger in Gold als Marcellina, der amerikanische Tenor Aaron-Casey Gould (Opernstudio) als Basilio, der ukrainische Bariton Andrei Bondarenko, erst in braunem Bademantel, dann im Königsmantel, als Graf Almaviva, die amerikanische Sopranistin Rebecca Nelsen, deren Rollendebüt in dieser Aufführung erfolgte, als Gräfin Almaviva und der österreichische Tenor Wolfgang Gratschmaier, seit 2003 im Ensemble, als Richter Don Curzio. Daneben ein gut einstudierter Chor der Wiener Volksoper unter Roger Diaz-Cajamarca.

Alles in allem eine seichte, unterhaltsame, im Vergangenen hängengebliebene Inszenierung, die aber nicht im Gegensatz zur Originalpartitur steht, was positiv anzumerken wäre, die für das Publikum einer Volksoper, aber anscheinend ausreichend, sprich zerstreuend und amüsant genug war, was sich im kurzen, aber stürmischen Applaus Ausdruck verlieh.

 

  • Rezension von Dr. Claudia Behn / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Volksoper Wien / Stückeseite
  • Titelfoto: Volksoper Wien/Le Nozze di Figaro/Foto © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

 

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