Die komplizierte Frau von Hercules an Oper Frankfurt

01. Mai 2023 - 00:29 Uhr

Frankfurt am Main (MH) – Der Jubel wollte kein Ende nehmen, als Regisseur Barrie Kosky am Sonntagabend nach der Frankfurter Erstaufführung von Händels Oratorium "Hercules" gemeinsam mit der exquisiten Sängerriege, dem Chor und Dirigent Laurence Cummings vor den Vorhang in der Oper Frankfurt trat. Neben dem überaus wandlungsfähigen, lebhaft als Bürgerschaft und Kommentator die Handlung vorantreibenden Chor galten Mezzosopranistin Paula Murrihy als Hercules Ehefrau Dejanira die größten Ovationen. Gelang es ihr doch mit gewaltiger Stimme, packendem Sprechgesang und unbedingter Leidenschaft Dejaniras Gefühle von beginnender Eifersucht bis hin zu Tobsuchtsanfällen, Wahnsinn und tiefster Depression zu beglaubigen. Wie Kosky den nach ihr geifernden "Eifersuchtschor" als ansteigende Hasswelle choreografiert hat, gehört zum Eindrücklichsten, was in dieser Saison an der Oper Frankfurt zu sehen ist.

"Hercules"

"Hercules"

In der kühlen, überbelichteten, grausam freigeräumten Bühne von Katrin Lea Tag, die keinen Platz zum Verstecken birgt, schickt Kosky seine grandiosen Sängerdarsteller in den Ring der Gefühle: Und die gehören alle ins Ensemble der Oper Frankfurt oder waren wie Paula Murrihy dort von 2009 bis 2017 unter Vertrag: Anthony Robin Schneider als Hercules versteht als stumpf auftrumpfender Eroberer wenig von weiblichen Gefühlen und droht mit seinem Götterego Michael Porter als sensiblen Sohn Hyllus zugrunde zu richten. Kelsey Lauritano singt einen feinfühligen Lichas, während Sopranistin Elena Villalon ihr Frankfurt-Debüt als Kriegsbeute Iole in einen Triumpf zu verwandeln vermag. Im Orchestergraben gelingt es dem erstmals in Frankfurt am Pult stehenden Laurence Cummings gemeinsam mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester sämtliche Stimmungsstürme Händels – von Ioles Demütigung über Hercules Verbrennungstod bis hin zu Dejaniras Wahnsinn – mit barockem Drive zu befeuern.

Die Inszenierung ist eine Koproduktion mit der Komische Oper Berlin, an der Kosky bis 2022 als Intendant und Chefregisseur wirkte. Dort kommt "Hercules" im März 2024 auf die Bühne.

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(bb/wa)

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