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„Eugen Onegin“ in Darmstadt: Die jungen Leute

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Olga und Lenskij (v.l.), Tatjana und Eugen. Foto: Nils Heck
Olga und Lenskij (v.l.), Tatjana und Eugen. Foto: Nils Heck © Robert Schittko Copyright

Tschaikowskis „Eugen Onegin“, am Staatstheater Darmstadt ein wenig kleinkariert.

Regisseurin Isabel Ostermann und ihr Bühnenbildner Stephan von Wedel stecken Peter Tschaikowskis „Eugen Onegin“ am Staatstheater Darmstadt in einen Kasten, der die „Lyrischen Szenen in drei Aufzügen“ klanglich vergrößert und zugleich in der Sache verkleinert. Den Stimmen tut die Deckelung selbstverständlich gut, es ist aber auch ein bisschen possierlich und geradezu kleinkariert, was wiederum zu den adretten schwarz-weißen Kostümen von Julia Burkhardt passt. Und zur Suche nach dem heute noch funktionierenden Zwischenmenschlichen in der auf Puschkin zurückgehenden, psychologisch so unfehlbaren Handlung.

Tatjana, die ihre Liebe in einem der berühmtesten Briefe der Weltliteratur bekennt, ist in Darmstadt Megan Marie Hart als fast noch pubertierende junge Frau – gerne mit Taschenlampe zum Lesen unterm Tisch. Trotzig mürrisch zeigt sie sich – in recht unreifer Reaktion auf Onegins bornierte Abweisung –, als ihr Geburtstag gefeiert wird und der schauerlich aufdringliche Monsieur Triquet ihr ein besonders peinliches Liedchen singt.

Auch ihrer Brille wegen erkennt man Tatjana noch in den hinteren Reihen als Leserin, und David Pichlmaier als Onegin hat ebenfalls ein Reclamheftchen oder etwas Vergleichbares dabei. In glasklarem Kontrast dazu Lena Sutor-Wernich als kesse Olga, springlebendig und wirklich immerzu springend, tanzend, aus der Reihe, über die Köpfe des Chors hinweg, der von Tiago Manquinho teils wirkungsvoll choreografiert ist, von Ines Kaun erstklassig einstudiert (fast klingt er etwas mächtig im Bühnenschuhkarton). Der Mann ihres, Olgas, Herzens, Lenskij, ist David Lee, der vorläufig stets einen Strauß roter Rosen zur Hand hat. So changiert Ostermanns Bebilderung zwischen einer etwas simplen Direktheit und einer mitreißenden Jugendlichkeit. Bei der es dann nicht ganz einfach ist nachzuvollziehen, inwiefern sich so unaggressive junge Leute von heute dann dermaßen rasch in eine Duellsituation bringen lassen können. Ein Duell, für das es dann auch gar keine Waffen gibt. Onegin, der nichts Böses will, tötet den Freund schließlich nach Wotan-Manier (vom Gott gegenüber Hunding angewandt), nämlich mit einem einzigen Blick.

Auch zum Finale im fürstlichen Palast hin will Ostermann nicht ins Große oder Größere wechseln. Die berühmte Polonaise findet offensichtlich absichtsvoll keine Entsprechung auf der Bühne, beziehungsweise wird zu einer unheimlichen Begegnung Onegins mit dem toten Lenskij genutzt. Sie ziehen sich an, sie stoßen sich ab, auch dies freilich eine Art Tanz. Etwas halbherzig kommt der Chor dann aber doch in Abendgarderobe herein.

Pichlmaier ist ein grundsympathischer Schlaks, nicht direkt das, was man sich unter einem Onegin vorstellt. Sein ebenfalls schlanker Bariton kommt schön zurecht. Ausgezeichnet ist David Lees Lenskij-Tenor, überzeugend auch die Frauen: Hart als ins Dramatische reichende Tatjana, Sutor-Wernich mit reifer, üppiger Stimme zum lustigen Hupfen. Johannes Zahn schlägt vom Graben aus einen plausiblen, nicht zu süßen Tschaikowski-Klang an.

Staatstheater Darmstadt: 14. Mai, 2., 22. Juni. www.staatstheater-darmstadt.de

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