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Donizettis „Liebestrank“ in Darmstadt – Bunte Vögelchen

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Auch sie haben jeweils einen Vogel: Adina und Dulcamara. Nils Heck
Auch sie haben jeweils einen Vogel: Adina und Dulcamara. Nils Heck © Nils Heck

Gaetano Donizettis „Liebestrank“ als liebes Leichtgewicht am Staatstheater Darmstadt.

Wie fröhlich die Liebe ist, bestimmt sich immer vom Ende her. Bei einer heiteren Oper wird das Ende schlau genau so gesetzt werden, dass wir im allerschönsten Moment nach Hause gehen. Auch Adina und Nemorino dürften nachher eine anstrengende Ehe führen, in Darmstadt sieht und hört man ja, dass Adina eine so grandiose wie kapriziöse Frau ist, Nemorino aber ein Tropf. Ist das der Anfang der Geschichte einer Unterbutterung und Enttäuschung? Kann die Liebe über alles, alles, alles siegen?

Zum Glück würde die köstliche, die brillante, die von keiner ehelichen Langeweile der Welt einzuholende Musik von Gaetano Donizetti auch auf die Buchstaben Mimimi funktionieren. Und im Staatstheater geht die Regisseurin Geertje Boeden mit Philip Rubner (Bühne) und Sarah Antonia Rung (Kostüme) den Abend auch völlig arglos und duftig an.

Ein Sommertag im Winter, pastellfarben Bühne und Kleider, wobei sich die rosahaarige Adina nachher auch im spektakulären Krakenrock zeigt. Wenngleich sie gewiss ihre Arme nach Nemorino ausstreckt und Saugnäpfe dabei helfen können, weil er sich jetzt ziert, ist das doch nicht mehr als lustig. Aber auch nicht weniger. Für Adina läuft es zwischenzeitlich so schlecht, dass selbst der Vorhang sich weigert, als sie ihn zuziehen will. Es gibt solche Tage.

Dass Boedens Dorfgemeinschaft eher die Kundschaft eines ganzheitlichen Wellness-Resorts oder eine friedfertige Yoga-Gemeinschaft ist, gibt die Möglichkeit, den von Alice Meregaglia einstudierten Chor von vorsintflutlichen Aufgaben wie Blumengirlanden-Hochhalten und Lebensfroh-die-Röcke-fliegen-Lassen zu befreien. Aber Boeden begnügt sich dann auch mit dem Dekor, und nicht nur das: Die Strohhüte fliegen doch noch in die Höhe wie in den Opera-buffa-Inszenierungen unserer Jugend.

Der niedliche Clou des Abends sind stattdessen handliche Vogelpuppen, die erst in einer kleinen Bildergeschichte zur Ouvertüre, dann bewegt von Mia Lehrnickel und Juliane Vogel schnuckelig die schüchternen und weniger schüchternen Liebenden vertreten. Kindertheater für Erwachsene, es gibt Momente im Leben, da tut das der Seele gut, in anderen mag es einem zu leichtgewichtig erscheinen.

Dass aber die Liebenden sich am Ende kringelig lachen, ist natürlich gut. Die Liebe als gelungener Spaß, etwas Schöneres kann es nicht geben. Vielleicht noch die Stimme von Juliana Zara.

Juliana Zara ist eine weitgehend perfekte Adina, ihr silbriger Sopran beweglich und kraftvoll – das passt zu jener gewissen Gereiztheit, die sie ausstrahlt –, zumal Johannes Zahn als Dirigent alles daran setzt, dem Ensemble auf der Bühne eine rücksichtsvolle Belcanto-Atmosphäre zu bieten. Das hat auch zur Folge, dass der leichte Tenor von Theodore Browne als Nemorino attraktiv zur Geltung kommt, dessen Höhen zudem sicher sind. David Pichlmaier ist der Rivale Belcore, ein Bild von einem Mann und Soldaten (fabelhaft der pferdeschwanzhafte Haarhelm), dessen schlanker Bariton sich im schlanken Gesamtambiente gut platziert.

Schon eher einer, der auch einmal röhren kann: Georg Festl als Dulcamara, der Scharlatan, der den Liebestrank verkauft und als fideles Windei auftritt. Das Dulcamara-Vögelchen ist eine Socke an Festls Hand, und als es pickt, das Vögelchen, hat auch Adina eine Socke zur Hand und kann zurückpicken. Merkwürdig, das zu sagen zwischen all den Scherzen: Noch besser müsste das alles sitzen und schnurren, um nicht nur ein lieber, sondern ein großer Opernabend zu sein. Dass Nemorino seine Verzweiflung herausschreit, er müsse geliebt werden, „jetzt sofort!“, ist aus einem anderen Film.

Staatstheater Darmstadt:

29. Dezember, 1., 17. Februar. www.staatstheater-darmstadt.de

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