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Justice, GTG

Milo Raus Inszenierung der Oper „Justice" an der Oper Genf

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Fulminante Uraufführung: Milo Raus Oper über Säureunfall in Afrika

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Eine Oper über einen Chemielaster-Unfall, mit Handy und Drohne auf der Bühne - geht das? Der Schweizer Regisseur Milo Rau hat so eine Geschichte in Genf inszeniert.

Genf - Der politisch engagierte und oft unbequeme Schweizer Regisseur Milo Rau (46) klagt auf der Opernbühne an: Er hat ein Musikdrama über die Rohstoffausbeutung in Afrika und die dort im Stich gelassene lokale Bevölkerung inszeniert. Unter großem Applaus fand am Montagabend in Genf die Welturaufführung statt.

«Justice» - Gerechtigkeit - befasst sich mit einem echten Unfall in der Demokratischen Republik Kongo. Ein mit hochgiftiger Schwefelsäure beladener Lastwagen verunglückt 2019 mitten in der Ortschaft Kabwe am Markttag. Der Laster ist für einen internationalen Konzern unterwegs, der Schwefelsäure einsetzt, um Rohstoffe aus Gestein zu lösen. 21 Menschen sterben qualvoll, weil die Säure ihre Körper zersetzt, viele weitere erleiden lebensverändernde Verletzungen.

Der Regisseur, Intendant der Wiener Festwochen, bringt das Geschehen zu dramatischer Musik des spanischen Komponisten Hèctor Parra auf die Bühne. Wie oft in seinen Arbeiten vermischt er Kunst und Wirklichkeit, dabei kommen auf der Bühne auch ein Handy und eine Drohne zum Einsatz. Das Bühnenbild wird von einem gigantischen, auf dem Dach liegenden Lastwagenwrack dominiert. Auf einer Leinwand darüber werden immer wieder verstörende Bilder vom Ort des Geschehens gezeigt. Zu sehen sind auch echte Anwohner von Kabwe. Sängerinnen und Sänger, die sie darstellen, tragen identische Kleidung. Sie singen über ihr Leid und ihre Wut, weil Verantwortliche bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen worden sind.

Der kongolesische Countertenor Serge Kakudji und der kongolesisch-österreichische Schriftsteller Fiston Mwanza Mujila, der das Libretto schrieb, stammen selbst aus der Gegend. Sie berichteten darüber zum Auftakt der Oper. Gleichzeitig mit der Uraufführung startete Rau eine Crowdfundingkampagne für die Opfer.

Rau versteht das Theater immer als politischen Ort, deshalb ist Genf für die Uraufführung auch bewusst gewählt: Die Schweizer Stadt ist eine der Drehscheiben des internationalen Rohstoffhandels.

Die Demokratische Republik Kongo ist kein Neuland für Rau. 2015 schaffte er mit «Kongo-Tribunal» in Bukavu im Osten des Landes und in Berlin ein Theaterprojekt mit echten Protagonisten: Richter, Anwälte und Menschenrechtsaktivisten traten auf, um Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen zur Sprache zu bringen.

Die Oper ist Ende April auch in St. Pölten in Österreich zu sehen.

 

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