»Rigoletto« an der Oper Leipzig

Oper Leipzig „Rigoletto“ Giuseppe Verdi
am 02.10.2012 /Foto: Tom Schulze

Hochgelobte Verdi-Aufführung in der Wagner-Stadt / »Rigoletto«, ein dreiaktiges Melodrama von Giuseppe Verdi, wurde am 11. März 1851 im Teatro La Fenice in Venedig uraufgeführt. Das Libretto von Francesco Maria Piave basiert auf dem fünfaktigen Versdrama »Le roi s’amuse« (1832) von Victor Hugo. Die Zensur zwang Verdi und Piave, den ursprünglichen Titel »La maledizione« zu ändern und den Schauplatz von Paris nach Mantua im 16. Jahrhundert zu verlegen. Schon bei der Uraufführung war »Rigoletto« erfolgreich und gehört seither zum Repertoire aller großen Opernhäuser weltweit. (Rezension der Vorstellung von 15. März 2024)

 

Die Inszenierung von Anthony Pilavachi (Bühne: Tatjana Ivschina), die ich am 15. März 2024 an der Oper Leipzig gesehen habe, konzentrierte sich auf die gewalttätigen Aspekte des Werks und betonte die Aspekte der Rache, der Demütigung und der Grausamkeit in einer Gesellschaft, in der ein Herzog alle seinem Willen unterwirft. Von der ersten Szene im Palast des Herzogs von Mantua über die zweite in einer dunklen Sackgasse vor Rigolettos Haus, die Rückkehr in den Palast des Herzogs für den zweiten Akt bis hin zu einer nächtlichen Straße vor Sparafuciles Haus im dritten Akt fängt Pilavachis Inszenierung die grüblerische Atmosphäre ein, die jeder Szene zugrunde liegt, egal ob es sich um Feste, einsame Betrachtungen, Duette oder Gruppen handelt. Die Kostüme und Kulissen spiegeln zwar nicht das Mantua des 16. Jahrhunderts wider, aber sie entsprechen den im Libretto beschriebenen Szenen und bilden ein kohärentes, spannendes Konzept. Gildas weißes Kleid, dessen äußere Schicht sie ablegt, als sie beschließt, ihrem Verlangen nach dem Herzog gegen den Willen ihres Vaters nachzugeben, war ein Beispiel für eine wirksame, logische visuelle Darstellung des gesungenen Textes. Leider gab es zwei Pausen in einer Oper, die bei vollständiger Aufführung nur etwas mehr als zwei Stunden dauert.

Opernhaus Leipzig/ Foto © Kirsten Nijhof

In der Titelrolle war Daniel de Vicente ein trauriger, aber manchmal auch spöttischer Rigoletto, der Mitgefühl zeigte, wenn er seine Tochter Gilda tröstet und versucht, sie vor dem egoistischen, kaltblütigen, wenngleich bisweilen sympathisch aussehenden, Herzog von Mantua zu schützen. Die Qualitäten, die de Vicente auszeichnen, sind ein leidenschaftlicher Einsatz und ein wohlklingender Bariton, der Rigolettos Szene im ersten Akt „Quel vecchio maledivami! … Pari siamo! … io la lingua, egli ha il pugnale“, die Szene und Duett mit Gilda im zweiten Akt „Mio padre! – Dio! Mia Gilda! … Tutte le feste al tempio“ sowie die Duett mit Gilda im dritten Akt am Ende der Oper „V’ho ingannato … colpevole fui“ besonders packend machte.

Die Sopranistin Athanasia Zöhrer beherrschte die Koloraturen in der Partie der Gilda mit großer Leidenschaft und Hingabe. Zöhrer verkörperte eine Gilda, die gleichzeitig unschuldig im Sinne von unerfahren war, aber ihre Gefühle für den Herzog deutlich spürte und ausleben wollte. Besonders bewegend war Zöhrer in ihrer Arie im ersten Akt „Gualtier Maldè! … Caro nome che il mio cor“.

Piotr Buszewski stellte den Herzog von Mantua als äußerlich liebenswürdig dar, verbarg aber kaum die Bereitschaft der Figur, seine Machtposition zu nutzen, um andere zu manipulieren, damit sie ihm geben, was er will. Buszewskis reiche Tenorstimme ist für die Ballade im ersten Akt „Questa o quella per me pari sono“ und die Canzone im dritten Akt „La donna è mobile“, die zu den technisch anspruchsvollsten der Oper gehören, ideal geeignet. Stimmlich und visuell hat Buszewski die Komplexität des Herzogs erfasst: die Umgänglichkeit, die unterschwellige Grausamkeit und die erotische Energie, die er in den von ihm gewählten Momenten ausstrahlt.

Mit seiner dunklen Bassstimme stellte Sejong Chang den kalten, berechnenden Auftragsmörder Sparafucile als einen Menschen dar, der seine Verträge mit seinen Kunden immer einhält. Die Mezzosopranistin Kathrin Göring zeigte Sparafuciles Schwester Maddalena als Verführerin, die echte Zuneigung für den Herzog zeigt, und zwar in einem solchen Maße, dass sie bereit ist, das Leben einer unschuldigen Person (in diesem Fall Gilda) zu opfern, um ihn vor der Entschlossenheit ihres Bruders zu retten, der seinen Vertrag mit Rigoletto erfüllen und ihn töten will.

Die kleineren Rollen wurden wie folgt besetzt: Giovanna (Nora Steuerwald), der Graf von Monterone (Peter Dolinšek), Graf Ceprano (Christian Moellenhoff), Gräfin Ceprano (Maria-Teresa Martini), Marullo (Marian Müller), Borsa (Sven Hjörleifsson), Page (Katharina von Hassel) und Gerichtsdiener (Frank Wernstedt).

Anna Skryleva dirigierte das Gewandhausorchester in einer fesselnden Aufführung der vollständigen Partitur, die die dramatische Spannung aufrechterhielt. Die Chorbeiträge des Herren des Opernchores hatten die wechselnden Gefühle je nach den Situationen, in denen sie sich befand, veranschaulicht. Der stürmische Beifall des Publikums rundete eine rundum überzeugende Aufführung einer von Verdis profundesten und nachhaltig erfolgreichsten Opern ab.

 

  • Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Oper Leipzig / Stückeseite
  • Titelfoto: Oper Leipzig „Rigoletto“/am 11.10.2012 – Generalprobe/Foto:  Tom Schulze (www.tom-schulze.com)
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