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NEW YORK/ „Die Met im Kino“: LA RONDINE von G. Puccini

22.04.2024 | Oper international

20.4.2024: MET IM KINO – „LA RONDINE“

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„Aber jetzt zerbeiß‘ ich’s“ – so sprach (Ältere werden sich noch erinnern) vor vielen Jahren die Figur am Ende einer Werbung für ein Schweizer Kräuterzuckerl, die zuvor, sichtlich gegen ihre Neigung, vernunftgemäß erläutert hatte, dass sich die wohltuende Wirkung des Bonbons nur recht entfalten kann, wenn man es geduldig lutscht … Solches mag einem in den Sinn kommen, wenn in Puccinis selten gespielter „Operette“ La Rondine, in der sich der Komponist zwei Stunden hindurch um pastellfarbene Leichtigkeit bemüht, am Ende doch noch die Wogen veristischen Opernpathos durchbrechen. Es mag an dieser vernehmlichen Bemühtheit, oder aber auch am nicht ganz schlüssigen Libretto von Giuseppe Adami liegen, dem man zumindest anmerkt, dass seine literarische Inspiration nicht ganz ohne Anleihen an den Meisterwerken der italienischen Oper des 19. Jahrhunderts auskommt, wenn Trennungsschmerz und Opferbereitschaft (aber auch die humoristischen Vorlagen) das Herz des Publikums nicht in dem Maße erreichen, wie es bei anderen, zu Recht berühmteren Werken des Meisters aus Lucca der Fall ist.

Dabei zeigt die Produktion der Metropolitan Opera des Teams rund um Nicolas Joel aus dem Jahr 2005, dass man in den USA, wenn man sich eines solchen Außenseiters annimmt, diesen zumindest ernstnimmt und nicht durch allerlei Umdeutungen demonstriert, dass man klüger, einfallsreicher oder weitsichtiger ist als der Komponist und sein Textdichter. Insofern fällt die Inszenierung mit ihren ausnehmend ansprechenden Kostümen und Bildern, die in üppiger, doch stets geschmackvoller Weise das Lebensgefühl der 1920er Jahre evozieren, im Vergleich zu den auf spartanisch gebürsteten Zugängen, an die man sich in Europa gewöhnt hat, schon sehr ins Auge (im wortwörtlichen Sinn).

Und auch Angel Blue, die kalifornische Sopranistin mit dem ausdrucksstarken Gesicht, bot alle darstellerischen und sängerischen Mittel auf, um der ehemaligen Pariser Kurtisane, die sich nach dem gesellschaftlich akzeptierten Liebesglück sehnt, authentisches Leben einzuhauchen – was ihr in einzelnen Szenen wie etwa bei ihrer Arie „Chi il bel sogno di Doretta“ oder im Moment des Aufkeimens der Liebe bei Bullier durchaus gelang, ohne dass allerdings ein Ganzes daraus werden konnte. Auch wirkte sie selbst für die Magda als Erscheinung und hinsichtlich der geforderten vokalen Leichtigkeit vielleicht etwas zu reif. Noch schwerer hatte es Jonathan Tetelman, der aufstrebende Tenor aus Chile, der als Ruggiero sein Met-Debut gab und dabei (angesagterweise) angesichts der grassierenden Pollen mit erheblichen allergischen Reaktionen zu kämpfen hatte, woran es wohl gelegen haben wird, dass er seine stimmlichen Mittel sparsam einsetzte und nur zur Präsentation exponierter Phrasen gänzlich „aufdrehte“. Vor allem aber wirkte er insgesamt darstellerisch sehr verhalten, ja unsicher, und hing offensichtlich sehr an den Einsätzen aus dem Graben, was für eine glaubwürdige Vermittlung der ohnehin nicht sonderlich mitreißenden Geschichte nicht unbedingt förderlich war.

Dafür zogen Emily Pogorelc und Bekhzod Davronov als „Buffo-Paar“ Lisette und Prunier alle Register ihres brillianten clownesk-komödiantischen Talents und konnten auch durch quirlige Höhensicherheit und romantischen tenoralen Schmelz überzeugen.

Die übrigen Mitglieder des Ensembles waren namentlich nicht ausgewiesen – die Damen, welche im 1. Akt die Freundinnen Magdas auf die Bühne zu bringen hatten, taten dies jedoch auf so erfrischende Weise, dass sie deshalb wenigstens anonym explizit genannt werden sollten. Chor und Ballett sorgten im 2. Akt für charmant-chaotisches Treiben. Die Gesamtleitung lag in den Händen der römischen Dirigentin Speranza Scappucci, die dem Orchester der Metropolitan Opera mit auffallend unruhiger Schlagtechnik überraschend ausgeglichene Klänge zu entlocken vermochte.

Valentino Hribernig-Körber

 

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