Melzer: Robert Meyers jugendliche Operettendiva

(c) Barbara Pállfy/Volksoper
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Caroline Melzer, Sopran aus dem Taunus und Mitglied des Volksoper-Ensembles vor ihrer ersten Premiere, Oscar Straus' „Ein Walzertraum“, im "Presse"-Gespräch über die Freuden und Leidenschaften des Musiktheaters.

Eine Premiere, gleich zu Saisonbeginn? Die Volksoper lenkt die Aufmerksamkeit dieserart gern auf sich. Intendant Robert Meyer wählte für den Auftakt der neuen Spielzeit Oscar Straus' „Walzertraum“. Am Samstag ist Premiere, und natürlich „steht“ die Produktion seit vergangenem Juni. Die ersten Septembertage dienen nur noch zum Auffrischen. „Das hat den Vorteil, dass man anders in die Ferien geht“, sagt Meyers „Prinzessin Helene“, Caroline Melzer.

Die junge deutsche Sopranistin ist seit dem Vorjahr fix im Haus engagiert und hat schon aufhorchen lassen, als Dvořáks „Rusalka“ und in Lehárs „Lustiger Witwe“ (Hanna Glawari) und „Land des Lächelns“ (Lisa), als Erste Dame in der „Zauberflöte“ und als Mimi in „La Bohème“.

Jetzt ist sie erstmals für eine Premiere angesetzt und hat trotz der intensiven Vorbereitung vom vergangenen Juni ihren Urlaub genossen. „Nur wird man früher wach als gewohnt“, gibt sie zu, wenn die Rede auf den Wiedereinstieg in den Alltag geht. Weil der eben doch kein Alltag ist, sondern der Auftakt zu einer Neuinszenierung. Noch dazu in Wien, wo das Publikum „irgendwie leidenschaftlicher an der Oper Anteil nimmt als anderswo“, wie die junge Dame aus dem Taunus gern zugibt, die derzeit zwischen Wien, wo sie engagiert ist, und Berlin, wo ihr Ehemann lebt, pendelt.

„Auf der Bühne muss man brennen“

Caroline Melzer hat ein Faible fürs Leidenschaftliche, wenn es um die Oper geht. Was sie am Publikum schätzt, liebt sie auch bei Kollegen. Auf der Bühne muss man brennen, findet sie – und versteht gar nicht, dass es Sänger geben kann, die wenigstens scheinbar kühl angesichts der aufregenden Dinge bleiben, die da verhandelt werden.

Dabei hat Caroline Melzer ihre Opernleidenschaft erst langsam ausreifen lassen. Gesungen hätte sie schon immer, sagt sie, aber immer brüsk von sich gewiesen, „wenn mir die Leute sagten: ,Du wirst sicher Sängerin!‘ Die Umwelt wusste das vor mir. Ich habe mich noch eine Zeit lang gewehrt, habe in einer Bank, im EDV-Bereich, im Kulturmanagement gearbeitet . . .“

Der kultivierte Haushalt, in dem sie aufgewachsen ist, hat manche künstlerische Verführung bereitgehalten. „Musik, nicht zuletzt Kirchenmusik, war immer dabei“, erzählt sie, „aber meine Mutter kam eher von der Literatur und der Malerei. Es war auch gar nicht so sehr die Oper, die mich als Kind fasziniert hat, sondern zunächst das Theater“, genauer Einar Schleefs „Faust“-Produktion in Frankfurt: „Die könnt ich, glaub ich, zur Hälfte nachbauen. Ich sehe sie noch vor mir. Ich weiß noch genau, wie die Kostüme ausgesehen haben.“

Apropos Kostüme: „Die für den neuen ,Walzertraum‘ an der Volksoper sind fantastisch, haben Sie die Plakate gesehen?“, schwärmt sie und ist mit ihren Gedanken schon wieder auf der Bühne. Mit Regisseuren hat sie noch kein Pech gehabt. Manche muten einer Sängerin allerhand zu, „das stimmt schon, aber bis jetzt hat noch keiner etwas verlangt, was unmöglich war“.

Als Donna Elvira in „Don Giovanni“ hatte sie einmal während der kräfteraubenden Es-Dur-Arie eine ganze Reihe von Kerzen anzuzünden. „Das glaubt man gar nicht, wie schwer das ist, Kerzen anzuzünden, während man ,mi tradi‘ singt!“, sagt sie, „dass die Flammen nicht gleich wieder ausgehen und dass man sich dabei nicht selbst abfackelt.“

Die Elvira war – unmittelbar nach dem Bühnendebüt – gleich die erste große Partie, die Caroline Melzer zu singen bekam. „Der Intendant hörte mich beim Vorsingen und hat mich sofort als Elvira besetzt“, erzählt sie so, als ob das das Selbstverständlichste auf der Welt wäre.

Vor großen Herausforderungen hat Caroline Melzer spürbar keine Angst: „Ich glaube, dass man selbst einen guten Instinkt dafür hat, was geht und was nicht. Ich habe zwei, drei sehr unterschiedliche Vertrauenspersonen, mit denen ich mich berate. Die sind wiederum unterschiedlich mutig, einer ist eher vorsichtig, der andere sagt: Das schaffst du problemlos.“ Dazu gemixt der besagte Instinkt – und die Entscheidung fällt. Bisher war offenbar noch keine falsch.

Keine Angst vor zeitgenössischen Klängen

Aus Cottbus, dem Ort des Elvira-Debüts im Jahr 2005, kam sie über Detmold, Lübeck, Kaiserslautern an die Komischen Oper Berlin. Seit Herbst 2010 ist sie an der Volksoper engagiert. In all den Jahren hat man sie nicht nur mit wunderbaren klassischen Opern- und Operettenpartien konfrontiert, sondern auch mit zeitgenössischem Repertoire. Einen Höhepunkt markierte der Auftritt in Hans Neuenfels viel diskutierter Neudeutung von Aribert Reimanns „Lear“ in Berlin – eine Premiere, in der dem Komponisten die neue Cordelia besonders angenehm auffiel.

Jedenfalls hat Reimann für Caroline Melzer einen neuen Liederzyklus nach Rilke-Gedichten geschrieben, eine Arbeit, die auch die junge Sängerin glücklich gemacht hat: „Er hat in den Aufführungen des ,Lear‘ offenkundig gehört, wie meine Stimme funktioniert.“ Jedenfalls schien die Melodieführung der neuen Lieder optimal für Melzers Stimme und war, wie die Künstlerin berichtet, vergleichsweise geradezu mühelos einzustudieren. Am Samstag aber einmal Oscar Straus, wienerisches Terrain für die leidenschaftliche Wahlwienerin. Während der Reprisen gibt es dann Ende September auch noch zweimal Micaela in „Carmen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2012)

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