Lässt am Währinger Gürtel das Blut spritzen, was auch Direktor Robert Meyer (in der Rolle des Richters Turpin) zu spüren bekommt: Bariton Morten Frank Larsen (als Sweeney Todd).

Foto: Volksoper Wien

Wien - Gerne unterwegs ist Morten Frank Larsen schon immer gewesen. Der gebürtige Däne, der in Århus studiert und dort auch (in Brittens The Rape of Lucretia) debütiert hat, machte zunächst drei Jahre am Staatstheater Braunschweig Station und hat inzwischen seit 13 Jahren als Ensemblemitglied an der Volksoper Wien eine Heimat gefunden.

Daneben gastiert er auch immer wieder an der Wiener Staatsoper, aber ebenso international - etwa an der New Yorker Metropolitan Opera, in Berlin, Sevilla, Bologna oder Palermo. Larsens größte Beweglichkeit liegt aber wohl nicht in der geografischen Ortsveränderung, sondern im Repertoire.

Im Gespräch mit dem STANDARD stapelt der Sänger erst einmal tief: "Ich sehe mich in erster Linie als Opernsänger, aber an der Volksoper singt man natürlich, wenn man kann und dafür geeignet ist, auch viel Operette." Seine Eignung für das schwierige leichte Fach hat Larsen in der Tat hinlänglich unter Beweis gestellt: Der Eisenstein in der Fledermaus stand am Beginn seines Engagements an der Volksoper, ebenso wie der Danilo in der Lustigen Witwe ist er eine seiner Paraderollen.

Als eine der Säulen des Ensembles am Gürtel, den es sichtlich mit Freude erfüllt, wenn er so bezeichnet wird, beherrscht er mehr als 60 Rollen von Mozart bis Verdi und Wagner sowie darüber hinaus. Vor diesem Hintergrund ist es wohl ein kleines Understatement, wenn er meint, im Musical Sweeney Todd müsse man "halt a bissl anders singen."

Lust am Diabolischen

Was er damit meint, führt Larsen dann weiter aus: "Es darf nicht die ganze Zeit über schön sein! In der Oper gibt es immer eine gewisse Ästhetik, so dass es nie hässlich werden darf. Bei einem Stück wie Sweeney Todd muss man es aber wagen, dass es auch einmal wirklich hässlich klingt. Wenn man diesen Mut nicht hat, darf man so etwas nicht machen."

Währenddessen kann er seine Lust am Diabolischen durchaus aus zahlreichen Opernerfahrungen speisen: "Das macht einfach Spaß, etwa beim Don Giovanni oder bei Strawinskys The Rake's Progress, wo es auch so eine Teufelsfigur gibt." Der Protagonist des Musicals erschöpft sich allerdings für den Künstler keineswegs im Eindimensionalen, wie er betont: "Sweeney Todd ist ja durchaus auch ein Sympathieträger. Wenn jemand - wie im Stück Richter Turpin - eine ganze Familie unter Anwendung falscher Anklagen zerstört, dann tut er einem auch nicht leid, wenn ihm Sweeney die Kehle durchschneidet. Dafür leidet er eigentlich sogar zu kurz."

Für Abwechslung sorgt hingegen der Umstand, dass man sich in diesem Fall auf eine Verstärkeranlage stützen kann: "Es gibt zwar immer wieder Passagen, die man singt, als ob es eine Oper wäre. Die Rolle ist aber deutlich tiefer als das, was ich normalerweise als Bariton singen würde. Doch das kann man sich erlauben, weil es ja verstärkt wird. Da geht es eher um Klangfarbe als um Dezibel. Und man kann im Charakterlichen und in den Extremen viel weiter gehen als sonst: Einiges gehört gebrüllt oder geschrien oder geweint oder fast gesprochen. Es entfernt sich also wirklich von dem, wie man sich sonst als Sänger ausdrückt."

Dabei ist ein ausgeglichener, gerundeter Stimmklang gerade an der Volksoper nicht leicht zu erreichen: "Bei uns im Haus kommen vor allem die tieferen Stimmen nicht so leicht herüber, und zwar egal, wo auf der Bühne man steht. Das geht nur mit einer gut sitzenden, technisch gut geführten Stimme. Insofern ist es schon eine Erleichterung, da auch einmal verstärkt singen zu können."

Auf eine unverstärkte Partie aus dem Opernbereich freut sich Larsen unterdessen besonders: "Am Ende dieser Spielzeit kommt noch Feuersnot von Richard Strauss - eine seiner frühen Opern und eine ganz tolle Sache, nicht nur, weil sie für mich als hoher Bariton eine perfekte Lage für mich hat."   (Daniel Ender, DER STANDARD, 14.9.2013)