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Festspiele: Der Kreuzritter des hohen E als Entdecker

Spitzentenor Juan Diego Flórez verführte die Wiener Philharmoniker dazu, eine unbekannte Belcanto-Oper ihres Gründers einzustudieren.

Festspiele: Der Kreuzritter des hohen E als Entdecker
Festspiele: Der Kreuzritter des hohen E als Entdecker

Otto Nicolai: Diesen Namen kennt die Musikwelt vor allem als Schöpfer der deutschen romantischen Oper "Die lustigen Weiber von Windsor". Für Österreich freilich hat der Name des 1810 in Königsberg geborenen Musikers eine noch weiter reichende Bedeutung: als Gründer der Wiener Philharmoniker, die seit 1842 - als unabhängiger und demokratisch organisierter privater Verein der Mitglieder des einst Hof-, heute Staatsopernorchesters - gleichsam die Grundversorgung symphonischer Musikkultur in Wien garantieren. Denn damals, ein halbes Jahrhundert nach Mozarts Tod, gab es in Wien kein reguläres Symphonie-Orchester. Erst Otto Nicolai, der für sechs Jahre als Kapellmeister am Kärntnertortheater wirkte, schuf dafür die organisatorischen und künstlerischen Voraussetzungen.

Freilich: Gelohnt haben es ihm die Wiener nicht, wie Clemens Hellsberg, ehemaliger Wiener Philharmoniker und der Historiker des Orchesters, zu berichten weiß: "Das Orchester hat nicht dazu beigetragen, dass er bleibt."

Unerbittlich nämlich war Nicolai in Vorbereitungen und Proben (allein dreizehn setzte er für Beethovens Neunte an), er setzte, nicht uneitel, die Profession des Dirigenten absolut und duldete keinen Schlendrian. Er hat, so Hellsberg, für das professionelle Musikleben neue Dimensionen aufgeschlossen.

Jetzt ehren die Wiener Philharmoniker ihren Gründer, an den sie mit Nicolai-Konzert und Nicolai-Medaille regelmäßig erinnern, mit der konzertanten Aufführung jener Oper, mit der 1841 der Kontakt zu Wien hergestellt worden war - und die bis vor Kurzem niemand kannte: "Il templario".

Es war der peruanische Spitzentenor Juan Diego Flórez, der Hellsberg die Anregung dazu gab. Er hatte an der für seine Stimme ideal liegenden Partie des Vilfredo d' Ivanhoe Feuer gefangen. Die komplizierte Story - eine doppelte Liebesgeschichte im Kreuzzugs- und Tempelritter-Milieu - sei Vehikel für ein musikgeschichtlich interessantes Werk, erzählte der seit je entdeckungsfreudige Tenor am Montag im Vorfeld der Aufführungen. Denn der Protestant Nicolai hat auf der Flucht vor seinem rabiaten Vater den Weg nach Italien gefunden, um Kirchenmusik zu studieren, wurde dort mit dem Virus der Oper infiziert und schuf fünf belkantistisch orientierte Bühnenwerke, von denen "Il templario" zu einem erst italienischen, dann europaweiten Erfolg wurde. Die Belcanto-Züge werden durch symphonische Elemente "innovativ und sehr berührend" (Flórez) erweitert. Die Tenorpartie sei nicht lang, liege aber sehr hoch.

Wiederentdeckt wurde das Werk übrigens erst 2008 in Chemnitz; jetzt hoffen Flórez und die Wiener Philharmoniker dank Salzburg auf weltweite Ausstrahlung: um einem "Meisterwerk" (Hellsberg) späte Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Oper: "Il templario" von Otto Nicolai. Konzertante Aufführungen am 27. und 30. 8., jeweils 15 Uhr, Großes Festspielhaus.

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