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Mord nach Edgar Allen Poe mit begrenztem Gruselfaktor
Von Stefan Schmöe / Fotos von Hans-Jörg Michel
Wie verarbeitet ein Mörder seine Tat? Librettist Philipp J.Neumann, so erzählt er im Programmheft, hat zur Vorbereitung einenrichtigen Mörder im Gefängnis besucht - und festgestellt, dass dabei kein psychopathisches Monster vor mir [saß]. Mörder Kaspar Brand erzählt in Rückblenden die Vorgeschichte eines Mordes aus der extrem subjektiven und durch die einsetzende Verdrängung verzerrten Perspektive des Täters nach der Tat. Das ist vom Ansatz her durchaus raffiniert gedacht, bleibt im Endergebnis aber dann doch recht konventionell. Die Geschichte basiert auf Motiven von edgar Allen Poe, genauer: Auf der Kurzgeschichte Das Fass Amontillado. Darin mauert lockt der Erzähler seinen Widersacher (von dem er tausendfache Kränkung erfahren hat) in ein Gewölbe und mauert ihn dort ein, ohne dass man über die Vorgeschichte mehr erfahren würde. Für Komponist Anno Schreier war diese Geschichte wohl die Inspirationsquelle; sieht man die fertige Oper, scheint sie eher Hemmnis zu sein, sind doch die übernommenen Motive das listige Einsperren, der Wein recht nebensächlich. In dem ausbrechenden Wahnsinn des Kaspar Brand, der Stimmen zu hören glaubt und an den Ort der Tat zurück will, schimmert viel mehr ein anderer großer Mörder des Theaters durch, nämlich der Büchner'sche-Berg'sche Woyzeck/Wozzeck. Kaspar Brand (James Bobby)
Dazu trägt nicht zuletzt die Musik bei, die sich aus tonalen Motiven aufbaut, dabei gelegentlich die Atmosphäre geschickt festlegt, häufiger hübsch eklektisch vor sich hin dudelt, gelegentlich plakativ und tonmalerisch nervt. Den Wozzeck sollte man als Maßstab freilich ganz schnell vergessen, denn dagegen ist Mörder Kaspar Brand in wirklich jeder Hinsicht ein harmloses Kinderstück. Natürlich muss man sich nicht gleich mit den Gipfelwerken messen, aber etwas weniger bescheiden hätte diese Uraufführung, immerhin ein Auftragswerk der Rheinoper, dann doch ausfallen dürfen. Mit knapp über 60 Minuten Musik sind die Dimensionen von vornherein arg kleinformatig angelegt. Man spielt nicht im Opernhaus, sondern im kleinen Theater Central Alte Paketpost, das sonst vom Düsseldorfer Schauspiel genutzt wird; sicher nicht gerade der Ort für große Oper. Aber es bleibt auch der Eindruck, dass die Musik beständig davor zurück schreckt, Ernst zu machen lieber eine kleine ironische Volte hier, ein Stilzitat da. Nur nichts Verstörendes. Geschäftliche und erotische Konkurrenten: Brand und Sandelmann (Richard Sveda)
Der Librettist fungiert bei der Uraufführung gleich noch als Regisseur und Bühnenbildner. Warum er eine Zirkusmanege als Spielort gewählt hat, versucht er im Programmheft zu erklären (ein Ort der Kindheit), plausibel wird das dadurch nicht. Vielmehr scheint der Zirkus eine reichlich beliebige Metapher für - ja, für was eigentlich? Wohl doch mehr um ihrer selbst Willen, oder vielleicht auch, weil die kleine Manege so schön in den begrenzten Raum passt? Das Orchester ist in Zirkusuniformen eingekleidet, und Dirigent Wen-Pin Chien dirigiert mit eben so einem Schraubenschlüssel, wie er sich später als Tatwaffe entpuppt (feineres Gerät scheint angesichts der Partitur, die im Wesentlichen das Schlagen des Taktes erfordert, auch nicht notwendig). Das alles gehört eher in den Bereich neckische Theaterspielerei als Sinn stiftende Zeichensetzung, und es geht ebenfalls in die Richtung, den Stoff postmodern zu ironisieren, anstatt ihn ernst zu nehmen. Das Ehepaar Nadja und Kaspar Brand (Anke Krabbe und James Bobby)
Sehr viel besser gelingt die differenzierte Personenregie, die immerhin andeutet, was aus dem Sujet herauszuholen wäre. Mit Bariton James Bobby als Kaspar Brand, Sopranistin Anke Krabbe als dessen Frau Nadja und dem zweiten Bariton Richard Sveda als Brands Widersacher Sandelmann sind die Hauptpartien musikalisch wie szenisch sehr gut besetzt. Alle drei singen mit hoher Textverständlichkeit, treffen den eher lyrischen Konversationston gut und gestalten ihre Partien klangschön und nuanciert. Auch an den Besetzungen der kleineren Partien gibt es nichts auszusetzen. Der Chor aus Studierenden der Robert-Schumann-Musikhochschule bewältigt seine (überschaubaren) Aufgaben souverän, ebenso die Düsseldorfer Sinfoniker im Kammerorchesterformat. Höflicher Applaus.
Mörder Kaspar Brand ist kein sehr zwingendes Plädoyer für die zeitgenössische Musik: Mehr als ein ziemlich harmloses Öperchen, unaufregend in Szene gesetzt, ist bei diesem Kompositionsauftrag der Rheinoper nicht herausgekommen. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung und Bühne
Kostüme
Licht
Chor
Dramaturgie
Solisten
Kaspar Brand
Nadja Brand
Moritz Sandelmann
Novize
Bühler
Rosen
Pantomime
Hannah
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