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Funny Girl

Musical in zwei Teilen
Text von Isobel Lennart, Songtexte von Bob Merrill, Übersetzung von Heidi Zerning
Musik von Jule Styne

in deutscher englischer Sprache mit deutschen Übertiteln (bei den englischen Liedern)

Aufführungsdauer: ca. 3h 15' (eine Pause)

Koproduktion mit dem Theater Chemnitz und dem Staatstheater Nürnberg

Premiere im Opernhaus Dortmund am 21. Oktober 2012




Theater Dortmund
(Homepage)
Der Bagel zwischen den Zwiebelbrötchen

Von Thomas Molke / Fotos von Thomas Jauk

Das Musical Funny Girl verbindet man heutzutage vor allem mit einer Künstlerin: Barbra Streisand, die nicht nur bei der Broadway-Premiere 1964 in der Titelrolle glänzte, sondern auch für ihre Darstellung in der vier Jahr später folgenden Verfilmung den Oscar erhielt, womit ihre internationale Karriere ihren Anfang nahm. Ansonsten hat sich dieses Werk zumindest in Deutschland keinen nennenswerten Platz im Repertoire erkämpfen können, was unterschiedliche Gründe haben mag. Zum einen geht die Musik von Jule Styne mit Ausnahme von wenigen gängigen Songs nicht über durchschnittliches Mittelmaß der 60er Jahre Musicals hinaus. Zum anderen hat auch der Inhalt seine Tücken und dürfte an einigen Stellen nicht mehr ganz zeitgemäß sein. Das größte Problem stellt aber mit Sicherheit eine adäquate Besetzung der Hauptpartie dar. Mit Katharine Mehrling hat man für diese Produktion allerdings in Dortmund eine Sängerdarstellerin gewinnen können, die einen Vergleich mit dem großen Vorbild Barbra Streisand in keinem Moment scheuen muss.

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Eddie (Marc Seitz) will aus Fanny (Katharine Mehrling) ein Revue-Girl machen.

Erzählt wird die Geschichte der Sängerin und Tänzerin Fanny Brice, die entgegen aller gängigen Konventionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem gefeierten Star in den Broadway-Revuen von Florenz Ziegfeld jr. aufstieg, der mit seinen "Follies" zu dieser Zeit die Bühnen beherrschte. Mit ihrer skurrilen Körperkomik und treffenden Parodie karikierte sie die gängigen Klischees der Zeit und bewies, dass eine Frau auch dann Karriere machen konnte, wenn sie keine klassische Hollywood-Schönheit war. Im Mittelpunkt des Musicals steht Fannys Beziehung zu dem Spieler Nick Arnstein, dem sie bei ihrem ersten Engagement begegnet und in den sie sich so hoffnungslos verliebt, dass sie sogar für ihn ihre Karriere aufs Spiel setzt. Da Arnstein aufgrund seiner windigen Geschäfte regelmäßig finanzielle Probleme bekommt, ist es immer wieder Fanny, die ihm mit ihrem beruflichen Erfolg unter die Arme greifen muss, was Arnstein letztendlich in seinem männlichen Stolz so kränkt, dass er sich auf krumme Geschäfte einlässt und für 18 Monate ins Gefängnis muss. Fanny wartet auf seine Rückkehr, doch als er nach seiner Haft vor ihr steht, erkennt er, dass er mit dieser starken Frau nicht weiter zusammenleben kann. So offenbart er ihr, dass er sich von ihr trennen möchte. Fanny heuchelt Verständnis, willigt ein und stürzt sich weiter in ihre berufliche Karriere.

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Der Ziegfeld-Tenor (Savo Pugel, Mitte) mit den Ziegfeld-Sängern in der großen Revue-Nummer "His love makes me beautiful"

Bei allem Respekt vor den biographischen Begebenheiten ist es fraglich, ob man eine solche Geschichte heutzutage noch auf die Bühne bringen kann. Eine Frau, die sich aufgrund ihres eigenen beruflichen Erfolges dafür schuldig fühlt, dass ihr Mann kriminell wird, ist aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar, zumal man wirklich das Gefühl hat, dass Nick Arnstein in dieser Darstellung beinahe noch zu gut wegkommt. Ein weiteres Problem stellt die Revue-Nummer "Rat-Tat-Tat-Tat" dar. Es ist unbestritten, dass es während des Ersten Weltkrieges in den amerikanischen Shows patriotische Szenen gegeben hat, in denen die Soldaten und der Krieg verherrlicht wurden. Dennoch hat die fröhliche Revue-Nummer mit Maschinengewehren und dem Satz "American boys are all such straight shooters" einen gewissen Beigeschmack. Da hilft auch der komische Auftritt von Fanny Brice als Colonel Schwartz nicht weiter. Die Nummer ist einfach zu schön anzusehen und wirkt zu harmlos, so dass die Brisanz der Aussage leider verloren geht.

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Fanny (Katharine Mehrling) und Nick (Bernhard Bettermann) kommen sich näher.

Doch das Regie-Team um Stefan Huber schert sich nicht um die Problematik der Vorlage und bringt eine bunte, perfekt choreographierte Musical-Revue auf die Bühne, die das Publikum bestens unterhält, einen gewissen Tiefgang dabei jedoch vermissen lässt. Susanne Hubrich unterstreicht mit ihren historischen Kostümen die Verankerung in der Zeit, in der die Geschichte spielt und weckt Erinnerungen an die Goldenen Zwanziger. Dazu trägt auch die große mit Spiegeln und Lichtern versehene Showtreppe bei, die Harald B. Thor für die großen Revue-Nummern konzipiert hat. Die zahlreichen Szenenwechsel werden mit Bühnenelementen bewältigt, die auf Rollen hinein- und herausgeschoben werden. So reicht ein Tisch mit einer Lampe aus, um die Wohnung von Fannys Mutter Rose zu zeigen, in der sie sich mit ihren Freundinnen zum Pokern trifft. Fannys Garderobe wird mit ihrem Aufstieg immer glamouröser, und auf großen Schwarz-Weiß-Prospekten wird ein Hauch von New York und Long Island der damaligen Zeit eingefangen.

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Fanny (Katharine Mehrling) wartet auf Nicks Rückkehr. Wird er kommen?

Für die Ziegfeld-Girls und Ziegfeld-Tänzer sind Musical-Darsteller verpflichtet worden, die die Choreographien von Danny Costello hervorragend umsetzen und unter Beweis stellen, dass das Theater Dortmund mit den kommerziellen Musical-Tempeln durchaus mithalten kann, dabei preislich sogar noch günstiger sein dürfte. Mitglieder des Chors überzeugen in den zahlreichen kleinen Partien durch enorme Spielfreude. Zu nennen sind hier vor allem Renate Höhne als neugierige Mrs. Strakosh und Savo Pugel, der in der Nummer "His love makes me beautiful" tenoralen Schmelz verströmen lässt und mit übertriebenem Kitsch einen herrlichen Kontrast zur hochschwangeren Braut darstellt. Johanna Schoppa begeistert als bodenständige Rose Brice, die immer einen flotten und respektlosen Spruch auf den Lippen hat. Hannes Brock beweist als Florenz Ziegfeld jr., dass er sich auch darstellerisch zurückhalten kann. So muss er zähneknirschend anerkennen, dass er, obwohl er der Chef ist, gegen Fannys Charme nicht ankommen kann. Großes Lob verdient auch Marc Seitz für seine tänzerische und darstellerische Leistung als Eddie Ryan, bei dem man sich immer fragt, wieso Fanny sich nicht für ihn entschieden hat. Dass man Fannys Faszination für Nick Arnstein nicht nachvollziehen kann, mag allerdings auch in dem blassen und etwas steifen Spiel von Bernhard Bettermann begründet sein. Ihm fehlt in der Darstellung der Glanz des Lebemanns. Auch musikalisch bleibt Bettermann hinter den anderen Leistungen zurück.

Höhepunkt des Abends ist natürlich Katharine Mehrling, die zum einen mit einer grandiosen Stimme überzeugt, mit der sie die bekannten Nummern "People" und "Don't rain on my parade" präsentiert, zum anderen auch hervorragendes komödiantisches Talent beweist, wenn sie in den Nummern der Ziegfeld-Revuen die Komikerin mimt, die Fanny Brice letztendlich zum "Funny Girl" gemacht haben. Dabei gelingen ihr auch die tragischen Momente sehr glaubhaft, wenn sie an ihrer Liebe zu Nick zu zerbrechen droht. Jürgen Grimm zaubert einen flotten Musical-Sound aus dem Orchestergraben, der die drei Stunden nahezu im Flug vergehen lässt, so dass es am Ende lang andauernden Beifall für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Für große Musical-Fans ist diese Produktion ein Muss, da man dieses Werk auf deutschen Bühnen äußerst selten zu sehen bekommt und wirklich gute Unterhaltung geboten bekommt. Dennoch kann das Werk  anderen Produktionen wie Cabaret oder Hello, Dolly! musikalisch und inhaltlich nicht das Wasser reichen.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Philipp Armbruster /
*Jürgen Grimm

Inszenierung
Stefan Huber

Choreographie
Danny Costello

Bühne
Harald B. Thor

Kostüme
Susanne Hubrich

Lichtgestaltung
*Ralph Jürgens /
Stefan Schmidt

Dramaturgie
Wiebke Hetmanek

 

Statisterie des
Theater Dortmund

Dortmunder Philharmoniker

Schlagzeug
Stefan Schott

Bass
Bernd Zinsius

Trompete
Axel Riesenweber

Gitarre
Tim Büchsenschütz

Reed I
Felix Fritsche

Reed II
François de Ribaupierre

Reed III
Marcus Bartelt

 

Solisten

Funny Brice
Katharine Mehrling

Nick Arnstein
Bernhard Bettermann

Eddie Ryan
Marc Seitz

Rose Brice
Johanna Schoppa

Florenz Ziegfeld jr.
Hannes Brock

Tom Keeney, Ziegfeld-Tenor, Dienstmann,
Passant, Mr. Meeker, Ziegfeld-Sänger
Savo Pugel

Mrs. Strakosh, Ziegfeld-Sängerin,
Passantin, Mrs. Smith
Renate Höhne

Emma, Schauspielerin, Ziegfeld-Sängerin,
Nachbarin
Andrea Rieche

John, Arbeiter, Ziegfeld-Sänger, Nachbar,
Mr. Smith
Henry Lankester

Mr. Renaldi, Arbeiter, Mr. Strakosh,
Ziegfeld-Sänger, Schalterbeamter, Mr. Vance
Carl Kaiser

Heckie, Ziegfeld-Sänger, Nachbar, Bote,
Passant, Mr. Jones
Darius Scheliga

Mrs. O' Malley, Ziegfeld-Sängerin, Passantin,
Mrs. Jones
Vera Fischer

Mrs. Meeker, Ziegfeld-Sängerin, Ehefrau,
Mrs. Winston

Brigitte Schirlinger

Jean-Paul, Arbeiter, Ziegfeld-Sänger, Dienstmann,
Regisseur, Nachbar, Mr. O'Malley, Mr. Winston
Hans-Werner Bramer

Mrs. Nadler, Garderobiere, Ziegfeld-Sängerin,
Fahrkartenkundin, Mrs. Vance
Maria Hiefinger

Ziegfeld-Girl Rosie, Keeney-Girl Bubbles
Evita Komp

Ziegfeld-Girl Vera, Putzfrau, Arnstein-Begleitung
Marie Roehl

Ziegfeld-Girl Mimsey, Korrepetitorin, Arnstein-Begleitung
Mandy-Marie Mahrenholz

Ziegfeld-Girl Jane, Keeney-Girl Honey
Jane Reynolds

Ziegfeld-Girl Cathy, Keeney-Girl Maude
Veronique Spiteri

Ziegfeld-Girl Jenny, Keeney-Girl Polly
Sabrina Stein

Ziegfeld-Tänzer Andy, Bühnenarbeiter, Snub-Taylor
Andreas Roeder

Ziegfeld-Tänzer Chris, Bühnenarbeiter, Fivefinger-Finney
Christian Louis-James

Ziegfeld-Tänzer Claus, Bühnenarbeiter, Clarinet-Jonsey
Claus Opitz

Ziegfeld-Tänzer Rob, Bühnenarbeiter, Trombone-Smitty
Robert Schmelcher


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Dortmund
(Homepage)



Da capo al Fine

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