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Musiktheater
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Manon

Opéra-comique in
Libretto von Henri Meilhac und Philippe Emile François Gille
Musik von Jules Massenet

in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 35' (eine Pause)

Konzertante Aufführung im Opernhaus Dortmund am 16. Dezember 2012




Theater Dortmund
(Homepage)
Gala mit / für eine Sängerin

Von Thomas Molke / Fotos von Anke Sundermeier (Stage Picture)

Obwohl die französische Oper in ihrer Blütezeit genauso erfolgreich wie die italienische Oper war, haben sich zumindest im Repertoire der deutschen Bühnen die italienischen Komponisten langfristiger und zahlreicher etablieren können. Und da auch Jens-Daniel Herzog in dieser Spielzeit in Dortmund den Schwerpunkt mit Monteverdi, Donizetti und natürlich Verdi eher italienisch gestaltet, aber stets an einem breiten Spektrum interessiert ist, hat er sich entschieden die französische Oper zumindest in einer konzertanten Extra-Veranstaltung zu präsentieren. Dass die Wahl dabei auf den Spätromantiker Jules Massenet gefallen ist, mag zwei Gründe haben. Zum einen jährte sich am 13. August sein 100. Todestag, zum anderen verfügt man in Dortmund mit Eleonore Marguerre derzeit über eine Sopranistin, die für die Titelpartie der 1884 an der Opéra-comique uraufgeführten Manon geradezu prädestiniert ist.

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Manon (Eleonore Marguerre) bei ihrer Auftrittsarie im ersten Akt mit Lancelot Fuhry (links) und den Dortmunder Philharmonikern

Grundlage für Massenets Oper und Giacomo Puccinis neun Jahre später komponierte Fassung Manon Lescaut, die Massenets Fassung lange Zeit von den Spielplänen der Opernhäuser verdrängte, ist die Novelle Histoire du Chevalier Des Grieux et de Manon Lescaut des Abbé Prévost, eine Liebesgeschichte, die im 19. Jahrhundert fester Bestandteil des gängigen Literaturkanons war, jedoch in beiden Opern stark abgeändert wurde. Auch Puccinis und Massenets Versionen weisen im Libretto einige Unterschiede aus. Während bei Puccini Des Grieux Manon aufsucht, nachdem sie ihn aufgrund seiner Armut verlassen hat, ist es bei Massenet Manon, die zu Des Grieux zurückkehrt, um ihn davon abzuhalten, ins Kloster zu gehen und Priester zu werden. Auch der Auftritt von Des Grieux' Vater scheint in Massenets Version Verdis La Traviata näher zu kommen als Puccinis Fassung. Auch stirbt Manon bei Massenet bereits vor ihrer Überfahrt nach Amerika, nachdem Des Grieux sie gemeinsam mit Manons Cousin Lescaut aus dem Gefangenentransport befreit hat, während die beiden bei Puccini bereits in Amerika angekommen sind und Manon entkräftet auf der Flucht durch die Wüste in den Armen ihres Geliebten ihr Leben aushaucht.

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Des Grieux (Kyungho Kim, 2. von links) im vierten Akt im Spielcasino zwischen Manon (Eleonore Marguerre) und ihrem Cousin Lescaut (Gerardo Garciacano, links)

Auch wenn es sich in Dortmund um eine konzertante Aufführung handelt, lässt es sich vor allem Eleonore Marguerre als Manon nicht nehmen, einige szenische Elemente einzubauen. So begeistert sie direkt in ihrer Auftrittsarie "Je suis encore tout étourdie", in der sie mit mädchenhaftem Charme ihre Bedenken über das ihr bevorstehende Leben im Kloster äußert. Marguerre singt diesen Teil nicht vom Blatt ab, sondern gestaltet die Partie mit perlenden Koloraturen und spielt die Unsicherheit des jungen Mädchens glaubhaft aus, wobei man sich allerdings auch bei Massenets musikalischer Ausmalung der Figur ernsthaft in dieser Szene fragt, ob dieses junge Mädchen wirklich so leichtsinnig ist, dass sie in ein Kloster abgeschoben werden muss. Dass diese Manon aber nicht nur optisch zu blenden vermag, wird im weiteren Verlauf der Aufführung mehr als deutlich. Wirkt Marguerre noch in ihrer berühmten Arie "Adieu, notre petite table" im zweiten Akt, in der sie beschließt, Des Grieux aufzugeben, um ein luxuriöseres Leben zu führen, hin und her gerissen zwischen ihrer Liebe zu Des Grieux und dem Wohlstand eines Guillot de Morfontaine, präsentiert sie sich im dritten Akt mit "Profitons bien de la jeunesse" mit einer Lebenslust, die belegt, dass sie wirklich kein Kind von Traurigkeit ist. Passend dazu hat Marguerre für den dritten Akt auch das Kleid gewechselt.

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Manon (Eleonore Marguerre) und Des Grieux (Kyungho Kim) kurz vor dem Ende

Mit einem übergeworfenen Cape spielt sie dann im zweiten Bild des dritten Aktes erneut die Keusche, die nach anfänglichen Schwierigkeiten, Des Grieux ins bürgerliche Leben zurückholt. Gemeinsam mit Kyungho Kim gelingt Marguerre eine Innigkeit im Portrait der Figuren, die unter die Haut geht. Kim singt als Des Grieux Marguerre glaubhaft verliebt an und verfügt über einen wunderbar strahlenden Tenor, der sich fast problemlos in die höchsten Höhen emporschwingt. Im fünften Akt gelingt den beiden eine grandiose Tragik, die in Manons Tod in den Armen des Geliebten gipfelt. Auch diesen Teil singt Marguerre nicht vom Blatt ab und beschert dem Publikum mit ihrem anrührenden Sopran einen weiteren Höhepunkt des Abends. Lancelot Fuhry führt die Dortmunder Philharmoniker stringent durch die Partitur, die mit ihren wiederkehrenden Motiven erahnen lässt, dass Massenet Richard Wagner als Komponisten sehr geschätzt hat, ohne jedoch zu versuchen, dessen Stil zu kopieren. Auch der von Granville Walker einstudierte Opernchor präsentiert sich homogen.

Auch die übrigen Solisten halten das hohe musikalische Niveau der Aufführung. Allen voran ist Wen Wei Zhang zu nennen, für den man sich mit seinem markanten, schwarzen Bass eine größere Rolle als den Grafen Des Grieux gewünscht hätte. Leider hat er als Vater nur relativ wenig zu singen. Anke Briegel, Julia Amos und Ileana Mateescu statten die Grisetten mit verführerischer Koketterie und gut aufeinander abgestimmten Stimmen aus. Morgan Moody überzeugt als Brétigny ebenso wie der vor kurzem zum Kammersänger ernannte Hannes Brock, der sich als bereits in die Jahre gekommener reicher Guillot de Morfontaine von den Frauen ausnutzen lässt. Auch Gerardo Garciacano gefällt als Manons Cousin Lescaut mit klangschönem Bariton, so dass es am Ende lang anhaltenden und verdienten Applaus für eine rundum gelungene Aufführung gab, die stellenweise beinahe halbszenischen Charakter hatte. Einziger Wermutstropfen war die geringe Platzauslastung im Opernhaus. War die grassierende Grippewelle oder vielleicht die hektische Vorweihnachtszeit schuld daran, dass so viele Plätze frei blieben? Es bleibt zu hoffen, dass sich die hohe Qualität bis zur zweiten Aufführung am 13. Januar 2013 herumgesprochen hat und der Oper Dortmund ein volleres Haus für dieses Opernjuwel bescheren wird.

FAZIT

Wer diese konzertante Aufführung verpasst hat, sollte sich die Gelegenheit am 13. Januar 2013 nicht entgehen lassen, die musikalisch und gesanglich lohnenswerte Produktion noch einmal zu erleben.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Lancelot Fuhry

Chroeinstudierung
Granville Walker

Dramaturgie
Georg Holzer

 

Opernchor des Theaters Dortmund

Dortmunder Philharmoniker

 

Solisten

Manon
Eleonore Marguerre

Poussette
Anke Briegel

Javotte
Julia Amos

Rosette
Ileana Mateescu

Chevalier Des Grieux
Kyungho Kim

Graf Des Grieux
Wen Wei Zhang

Lescaut, Manons Cousin
Gerardo Garciacano

Guillot de Morfontaine
Ks Hannes Brock

Brétigny
Morgan Moody

Wirt
Sangmin Lee

Eine alte Dame
Jutta Nigge

Eine Reisende
Keiko Matsumoto

Eine andere Reisende
Diane Blais

Ein Träger
Thomas Günzler

Wache 1
Mario Ahlborn

Wache 2
Hyun Seung Oh

Ein Reisender
Primoz Vidovic

Ein anderer Reisender
Min Lee


Weitere
Informationen

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Theater Dortmund
(Homepage)



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