Nürnberg
Dvorak geht baden

Inszenierung mit Schwächen: "Rusalka" hatte am Staatstheater Nürnberg Premiere

15.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:08 Uhr

Abgegriffene Gesten: Ekaterina Godovanets als Rusalka und Nicolai Karnolsky als Wassermann - Foto: Missbach

Nürnberg (DK) Viel ist von der Naturidylle am Teich nicht übrig. Erstaunlich, dass in der zivilisationsverdreckten Brühe überhaupt das eine oder andere Wesen überleben kann. Vergleichsweise gut erhalten ist da noch – im Gegensatz zum entsprechend ausgemergelten Wassermann – die Nixe Rusalka.

Die scheint sich aber auch lieber außerhalb des Tümpels aufzuhalten und kommt auf einem Reif aus Ästen malerisch angeschwebt. Dass sie sich da draußen ausgerechnet in ein männliches Mitglied der ökologisch total unkorrekten Gesellschaft verguckt hat, wird ihr wie ihm zum Verhängnis.

Um das rund eingefasste, vom Parkett aus nicht einsehbare Gewässer herum (Bühne: Francis O’Connor) gruppiert Regisseur Dieter Kaegi die unter anderem von de la Motte Fouqués Undine und Andersen Seejungfrau inspirierte Handlung von Antonin Dvoraks Oper „Rusalka“. Planschgeräusche der darin Herumwatenden und gelegentliches Spritzen beweisen real existierende Nässe, auch eine verspiegelte rückwärtige Öffnung zeigt Wasserprojektionen, wenn dort nicht gerade die schrille Rokoko-Faschingshochzeit gefeiert wird. Oder die Hexe Jezibaba ihren Feuerzauber inszeniert, der Rusalka menschliche Beine wachsen lässt, sie gleichzeitig aber zur Stummheit verdammt. Leider wird diese von Jordanka Milkova grandios gesungene Szene durch die im Stile eines Grusicals sich gebärdenden Assistenten ihrer Wirkung beraubt.

Überhaupt zeigt Kaegi wenig Interesse an der Körpersprache seiner Darsteller, die in abgegriffenen Verzweiflungsgesten auf sich gestellt wirken. Die wenig aussagekräftige und kraftlos bebilderte Grundthese von einer seine natürlichen Wurzeln vernichtenden Gesellschaft verliert dadurch auch noch ihren emotionalen Kern.

Diesen wenigstens hörbar zu machen, ist dem Nürnberger Ensemble vorbehalten. Ekaterina Godovanets in der Titelpartie gelingt dies mit feinem Timbre und müheloser, bisweilen in unwirkliche Pianosphären sich zurückziehender Höhe. Zumindest solange sie von der Staatsphilharmonie nicht ins akustische Abseits gedrängt wird. Marcus Bosch ist Dvoráks wunderbare, vom Vorbild Wagner nicht übertünchte Partitur hörbar eine Herzensangelegenheit und er lässt deren Farben transparent funkeln. Die dynamische Balance mit den Sängern vernachlässigt er dabei leider sträflich, mit einem die entscheidende Vokallinie in Rusalkas Lied an den Mond übertönenden Trompetensolo als Negativhöhepunkt. Intonationsmängel, insbesondere in den Holzbläsern, trüben das Gesamtbild des gut gemeinten Engagements für das hierzulande seltener gespielte Werk zusätzlich ein.

In weiteren Rollen leisten Michael Putsch als Prinz solide, Nicolai Karnolsky als Wassermann, Roswitha Christina Müller als fremde Fürstin und die Waldnymphen (Michaela Maria Mayer, Christiane Marie Riedl, Joanna Limansla-Pajak) ausgezeichnete Arbeit, letztere gedoubelt von geheimnisvollen Puppen, einer der wenigen atmosphärisch stimmigen Einfälle Dieter Kaegis. In lautem Bühnenregen ertränkt dieser schließlich auch noch das tragische Ende – Rusalkas Todeskuss gewährt dem Prinzen offenbar keine Erlösung – und Dvorak geht endgültig baden.