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Ein großer Abschied
Von Stefan Schmöe /
Fotos von Bernd Schmidt
Kaum eine andere Produktion war so prägend für die Ära Stefan Soltesz als solche darf man die in diesen Tagen endende 16jährige Amtszeit Soltesz' als Essener Generalmusikdirektor und Intendant mit Fug und Recht bezeichnen wie Die Frau ohne Schatten. 1998 an den Beginn seiner zweiten Essener Spielzeit gestellt, setzte das großartige und dennoch schwierige Werk (für ein mittelgroßes Theater eine nach wie vor kaum zu meisternde Herausforderung) künstlerische Maßstäbe und war zugleich programmatisch darin, das (von Soltesz reichlich gepflegte) Kernrepertoire zu den Rändern hin zu erweitern. Im Repertoire-Betrieb des Aalto-Theaters hat die Produktion, in diesem Magazin mehrfach besprochen (natürlich die Premiere 1998, aber auch Wiederaufnahmen 2004 und 2006) ihren festen Platz. Kaiser Man konnte daran auch die musikalische Entwicklung Stefan Soltesz' beobachten. Wirkte der auf Höchstglanz polierte Orchesterklang in den ersten Essener Jahren oft auch ein wenig steril, die Interpretationen in ihrer streng kalkulierten Brillanz mitunter oberflächlich, so gewann die Interpretation zunehmend an Natürlichkeit und Gelassenheit. Auch in dieser Wiederaufnahme in den letzten Tagen seiner Amtszeit die zweite Aufführung am 21. Juli 2013 wird Soltesz' allerletzte als Essener GMD sein hört man an einigen Stellen, dass sich der Dirigent viel mehr als Generalmusikdirektor (mit Betonung auf dem ersten Wortteil) denn als Kapellmeister versteht, nämlich wenn er dem exzellenten, wunderbar natürlich und liedhaft phrasierenden Franz Grundheber als Barak nur widerwillig im Tempo nachzugeben scheint und mit großer Geste den vorgegebenen Puls einfordert. Und wenn er umgekehrt in den hinreißend schön gelungenen symphonischen Passagen ohne störende Sänger ganz zu sich kommt. Aber es ist hier eine durch und durch stringente musikalische Interpretation entstanden. Typisch für Soltesz ist der leichte (aber nie substanzlose), auch in großen Orchesterballungen transparente Klang, die sehr, sehr sauber und präzise spielenden Streicher, die Kontrolle in den vermeintlich pathetischen und sentimentalen Passagen, was jede falsche Süßlichkeit unterdrückt. In den Soli haben die Orchestermusiker im Laufe der Jahre eine Spur Freiheit hinzugewonnen (die Unart vieler Orchester, aus jeder Solo-Stelle ein kleines Konzert machen zu wollen, ist bei Soltesz undenkbar), was die Musik mehr atmen lässt. Glückliches Ende: Kaiserpaar und Färberpaar, vereint
Geradezu in Nibelungentreue festgehalten hat Stefan Soltesz an Jeffrey Dowd, der alle Heldentenorpartien gesungen hat, darunter auch den Kaiser in dieser Produktion. Die anfangs kleine und enge Stimme, in der Premiere 1998 recht enttäuschend, hat an Fülle und Statur gewonnen. Auch wenn es an Glanz fehlt, so gestaltet Dowd die nicht einfache Partie solide und ohne große Brüche und muss sich nicht wie mancher Kollege in Schreierei flüchten. Silvana Dussmann hatte die Rolle der Kaiserin bereits 2006 mit großem Erfolg übernommen und glänzt mit sehr beweglichem, absolut souverän geführtem jugendlich-dramatischem Sopran. Doris Soffel in der Partie der dämonischen Amme ist immer noch eine mitreißende Sängerdarstellerin von hoher Präsenz, auch wenn es der (seit je recht scharf timbrierten) Stimme in der tiefen und teilweise auch mittleren Lage inzwischen an Substanz fehlt. Jeder Ton sitzt, kein Ausbruch ist unkontrolliert. Der grandiose Barak von Franz Grundheber wurde bereits erwähnt. Ein wenig blass bleibt Caroline Whisnant als Färberin (mit ziemlich starkem amerikanischem Akzent), die trotz Erfahrung im hochdramatischen Fach, so als Brünnhilde und Isolde, ziemlich wenig Durchschlagskraft zeigt. Die Stimme hat durchaus klangschöne Seiten, ist aber unausgeglichen und ändert bei Register- oder Vokalwechseln allzu leicht die Farbe. Zudem ist die Sängerin, das fiel auch schon in der Essener Götterdämmerung auf, keine sehr glücklich agierende Darstellerin. Die schöne, vom Bühnenbild her gedachte Inszenierung von Fred Berndt, die auf eine aktualisierende Interpretation verzichtet, beweist einmal mehr ihre Repertoire-Tauglichkeit, auch wenn von einer wie auch immer gearteten Personenregie fast nichts (mehr) zu erkennen ist. Der strenge, japanisch inspirierte Sphäre des Kaisers und die in blau getauchte, durch konsequente Stilisierung vor falscher Märchenbehaglichkeit geschützte Welt des Färbers Barak setzen ästhetisch markante Zeichen, die an Wirkung im Laufe der Jahre eher dazu gewonnen als verloren haben.
Mit dieser nach wie vor eindrucksvollen Frau ohne Schatten verabschiedet Stefan Soltesz sich auf großartige Weise vom Aalto-Theater. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung und Bühnenbild
Kostüme
Choreinstudierung
Choreographie
Szenische Leitung
Solisten
Der Kaiser
Die Kaiserin
Die Amme
Der Geisterbote
Ein Hüter der Schwelle
Stimme des Jünglings
Stimme des Falken
Der wiedergefundene
Die Stimme von oben
Barak, der Färber
Seine Frau
Ihr Schatten (Tänzerin)
Der Einäugige
Der Einarmige
Der Bucklige
Drei Dienerinnen
Marie-Helen Joel Anja Schlosser
Stimmen der Ungeborenen Astrid Kropp-Menéndez Marie-Helen Joël Marion Thienel Anja Schlosser
Stimmen der Wächter Günter Kiefer Almas Svilpa
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