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Der Herzog in der Mitte (Vincent Schirrmacher), um ihn herum die venezianische Festgesellschaft.

Foto: APA/VOLKSOPER WIEN/BARBARA PALFFY

Wien - Wenn dieses Venedig längst untergegangen sein wird, dürfte der Palast des Herzogs Guido, der die Lagunenstadt mehr heimsucht als aufsucht, um sich Abenteuer zu genehmigen, weiterhin existieren. Der Prunkbau wurde - es ist an der Wiener Volksoper bei Strauß' Eine Nacht in Venedig zu erkennen - sicherheitshalber schon unter Wasser (womöglich als U-Boot) gebaut.

In einer Art Aquariumsszene erspäht man im Bühnenhintergrund eine zierliche Nymphe und etliche Haie neugierig auf das karnevaleske Palasttreiben lugen. Auch ein Männlein im Taucheranzug schaut kurz vorbei. Regisseur Hinrich Horstkotte hat sichtlich seinen Spaß daran, Bühnenbildner und Kostümherr der Inszenierung zu sein.

Es fallen ihm reichlich kleine, ornamentale Scherze ein, um die Handlung zu würzen: Da sind fischfressende Muscheln im Spiel, wenn Annina (sehr ansprechend Mara Mastalir) ihre Ware anbietet. Es wird im Orchestergraben gefischt. Und in den putzigen, dauerpräsenten Wellenattrappen erblickt man mitunter sogar Schwimmer, die wiederum auf der Flucht vor Haien sind. Selbst Animationsfilmelemente kommen reichlich zum Einsatz. Und natürlich lässt man textlich kaum eine Kalauergelegenheit aus und produziert laufend Pointen, die dem Villacher Fasching zur Ehre gereichen würden.

So gibt es "Maccaroni à la Bunga Bunga", von Pappacoda hergestellt (heiter in der Gestaltung, aber vokal blass Michael Havlicek), dem seine Ciboletta (witzig Johanna Arrouas) schließlich den herzöglichen Job als Leibkoch erkämpft. Und wenn Caramello, der Leibbarbier des Herzogs, überrascht seine Herzensdame Annina erblickt, entschlüpft ihm (schöne, aber recht kleine Tenorstimme Jörg Schneider) auch gleich ein "g' schamster Diener". Es reimt sich halt so schön.

Es hebt nie ab

Seltsam jedoch: All die tiefschießenden Verbalpointen wie auch die skurrilen, surrealen optischen Umrahmungen schaffen es nicht wirklich dauerhaft, die Geschichte zumindest ins Operettenhaft-Flotte abheben zu lassen. Eine Geschichte, die ohnedies von jeglichem tiefer reichenden Deutungsversuch unbehelligt bleibt.

Dabei böte dieser Johann Strauß ausreichend (heitere Turbulenzen provozierenden) Stoff: Der Herzog von Urbino, in seinem Unterwasserpalast und mit seinem Appetit auf amouröse Trophäen ein Mix aus Kapitän Nemo und Casanova, ist schließlich nicht nur auf der Suche nach spielfreudigen Damen der ehrenwerten venezianischen Lustgesellschaft.

Er (etwas steif in der Rollengestaltung, aber mit galanter stimmlicher Arbeit Vincent Schirrmacher) hat zudem einen lukrativen Verwaltungsposten zu vergeben. Und dies versetzt drei greise Senatoren (witzig, auch ob ihrer effektvollen Frisuren Wolfgang Hübsch, Gerhard Ernst und Franz Suhrada) in Bewerbungsunruhe, zwingt sie, auch ihre Gattinnen in die Schlacht um den Job zu werfen.

Paläste biegen sich

Aus den Fugen gerät schlussendlich allerdings nur der architektonische Rahmen: Paläste und Türme biegen sich, die Komödie jedoch bleibt im Grunde recht träge im soliden Operettendienst nach Vorschrift stecken. Auch im Orchestergraben: Dirigent Alfred Eschwé animiert das Volksopernorchester zu passabler Umsetzung der Notenwelt. Wirklicher Charme, wirklicher Zauber ist an diesem Abend jedoch nicht zu vernehmen.

Dennoch: Die Produktion ereilt nicht das Schicksal der neuen Regierung - es gibt flächendeckende Zufriedenheit in Form von Applaus. Vielleicht muss man die Produktion einfach als eine Art Neuwagen betrachten, der erst ein paar Kilometer braucht, um zur vollen und also flinken Form aufzulaufen. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 16.12.2013)