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Es dauert, bis man einander findet: Carsten Süss (als Graf Tassilo) und Astrid Kessler (als Gräfin Mariza).

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Komplett ist nun die Wiener Trilogie: Nach der rachsüchtigen Alten Dame (Ronacher) und der mit drei Möchtegernvätern zankenden Donna in Mamma Mia (Raimund Theater) präsentiert die Volksoper nun die in Melancholie dahinfeiernde Gräfin Mariza - als Erzählung eines alten Herrn (Michael Gempart), dem ein kleines Mädchen lauscht.

Im Gegensatz zu den Musical-Damen hat diese Wohlhabende mit der Möglichkeit, ein gefühlsehrliches Gegenüber zu finden, noch nicht abgeschlossen. Bis sie es sich gesteht und in ihrem Gutsverwalter den Passenden erkennt, dauert es jedoch. Schließlich ist der Mann jener durch Krieg und Fehlkalkulationen finanziell gefallene Feiergraf Tassilo. Und der will inkognito bleiben, was zu gewissen Verwirrungen führt.

Selbige finden sich in der Inszenierung von Thomas Enzinger elegant auf einer Drehbühne postiert, wodurch reizvolle Ambivalenz entsteht: Hier die beschwipste Festgesellschaft, dort - gleichzeitig sichtbar - intime Szenen, die vor Melancholie und Selbstmitleid triefen. Es ist zu erkennen: So wie es Emmerich Kálmán gelang, in dieser schwermütigen Komödie das Heitere mit dem Trübsinnigen zu versöhnen, so schafft es auch die Regie, die Ausdruckskontraste delikat zu verzahnen.

Da explodieren Szenen zu polternden Revuenummern, in denen etwa Michael Jacksons Zombiegesten aus dem Thriller-Video auftauchen. Auch begibt es sich, dass der falsche Baron Zsupan in einem Akt lustiger Vermehrung zur ganzen Tanztruppe anschwillt. Boris Eder gibt Zsupan Elvis-hafte Hüftlockerheit und grelle Pointiertheit, welcher wiederum die galante Wehmut gegenübersteht, in welche Carsten Süss (singt sehr respektabel) die Tassilo-Figur taucht. Wobei: Zorn ist ihm nicht fremd, wie auch seiner Mariza nicht, die auch von Fürst Populescu (glänzend Toni Slama) umgarnt wird: Exzessiv sprengt sie etwa ihre Party, um Tassilo mit Geldscheinwatschen zu demütigen. Astrid Kessler ist da ebenso präsent wie in Momenten der Resignation, die sie auch stimmlich profund veredelt.

Und während mit dem Erscheinen von Fürstin Bozena (Helga Papouschek) und ihres Kammerdiners alles gut wird, hat auch der Volksoperndirektor seinen Auftritt: Robert Meyer gibt den Diener als effektiven Übersetzer fürstlicher Mimik (plus Anspielungen auf die Burgtheaterkrise). Dirigent Alexander Rumpfs Stil passt eher zu diesen heiteren Momenten. Er lässt es lustig krachen, Poesie aber kommt etwas unter die Orchesterräder. Applaus aber für einen sicheren Volksopernhit. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 24.3.2014)