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Musiktheater
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Die Soldaten

Oper in vier Akten
Musik von Bernd Alois Zimmermann
Libretto vom Komponisten nach dem gleichnamigen Drama von Jakob Michael Reinhold Lenz

in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)

Premiere am 25. Mai 2014 an der Bayerischen Staatsoper München




Bayerische Staatsoper München
(Homepage)

Menschen im Käfig

Von Roberto Becker / Fotos von Wilfried Hösl

Diese Soldaten haben es wirklich in sich! Für den normalen Opernbetrieb ist das Werk von Bernd Alois Zimmermann (1918-1970) aus dem Jahre 1965 eigentlich ein paar Nummern zu groß. Es ist ein Statement der Moderne, das alle technischen Register zieht und einen enormen Aufwand verlangt. Und doch stellen sich immer mal wieder ambitionierte Häuser dieser Herausforderung. Mitte Juni übernimmt beispielsweise ausgerechnet die Komische Oper die mit Zürich koproduzierte Inszenierung von Calixto Bieito nach Berlin. Bei den Salzburger Festspielen hatte Alvis Hermanis einen naturalistischen Bilderbogen dazu entworfen und sogar echte Pferde in der Felsenreitschule auftraben lassen. In nachhaltiger Erinnerung ist die David Poutneys Inszenierung 2006 in der Jahrhunderthalle in Bochum als Highlight der Ruhrtriennale. In München waren die Soldaten vor vierzig Jahren das letzte Mal zu sehen. Jetzt hat sich Andreas Kriegenburg daran versucht.

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Die Wohnstube als Gefängnis - hier ist man immer gefangen

Dem vom Schauspiel kommenden, bestens ausgelasteten Regisseur ist in letzter Zeit nicht alles auf dem Niveau gelungen, mit dem er sich einst in Magdeburg als Opernregisseur eingeführt hatte. Auch sein Münchner Ring des Nibelungen war so ein typisches Licht- und Schatten Produkt. Für die Semperoper lieferte er jüngst im Falle von Händels Orlando und Mozarts Cosi fan tutte nicht mehr als gefällige Routine ab. Doch diese Münchner Soldaten weisen ihn wieder einmal als einen großen Könner aus! Und das ausgerechnet bei einem szenisch und musikalisch so komplexen Werk!

Foto
Marie am Ende in den Armen ihrer Schwester, hinten die Gräfin La Roche

Zimmermann hatte sich das Libretto aus dem gleichnamigen Drama von Jakob Michael Reinhold Lenz gebastelt und eine alle Grenzen sprengende Partitur dazu geschrieben. Da wird der Abstieg der Marie von der Braut des braven Stolzius (Michael Nagy) zur Soldatenhure zum Aufschrei der geschundenen Kreatur. Gar einer Menschheit, die sich in den Sechziger-Jahren der Gefahr eines Atomkrieges unmittelbar gegenüber glaubte.

Dass der grandiose Lärm inklusive der Bühnenmusiken und diversen Zuspielungen immer als Musik der besonderen, Bekanntes zerstückelnden und neu zusammensetzenden, betont aufrüttelnden Art erkennbar bleibt, dafür sorgt GMD Kirill Peternko im Graben. Inzwischen ist der Russe in München der anerkannte und gefeierte Maestro der Bayerischen Staatsoper! Und weil er sich, im Gegensatz zu dem ungeschickte mit seiner Nähe zu Wladimir Putin umgehenden Valeri Gergijew, mit jeglicher Interviewäußerung zurückhält, also gar nichts, also auch nichts "Falsches" sagt, wird ihm auch ohne jeden außermusikalischen Vorbehalt zugejubelt.
Wer wenn nicht die Oper in München, kann dazu dann auch noch ein so handverlesenes Ensemble von Protagonisten aufbieten, über dem die fantastische Barbara Hannigan wie ein Wesen aus einer anderen Welt schwebt. Ob nun Michael Nagy als Maries braver Verlobter Stolzius oder Daniel Brenna als Desportes bis hin zu Hanna Schwarz als Maries Großmutter oder Nicola Heller Carbone als elegante Gräfin de la Roche - vokaler Luxus allenthalben.

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Das grandiose Bühnenbild: Soldaten in ihrem Element, dahinter Menschen im Käfig.

Die Bühne wird von Käfigen beherrscht, die zu einem beweglichen Kreuz kombiniert sind. Hier wird gefangen gehalten, gefoltert oder ein Leben in bürgerlicher Enge ertragen. Harald B. Thors doppelte Bühnen-Metaphorik wird von Soldaten heimgesucht und bevölkert, die, wie auf dem Mond überwinterte Nazis, in die Alpträume von heute dringen. Wie traumgesteuert bewegen sie sich auch. Es ist geradezu spektakulär, mit wie viel Sensibilität und musikalischem Spürsinn Kriegenburg in jeder noch so kleinen Szene Musik in Bewegung umzusetzen versteht. Dadurch werden die eigentlich akustisch und optisch nicht ganz leicht zu verstehenden Simultanszenen kristallklar. Was auch daran liegt, das man von dem Text, den man mitlesen kann, überraschend viel versteht. Und so steuert alles in diesem Panoramabild, das wie ein Menetekel von der Nachtseite unserer Existenz aufscheint, in einem Marsch-Crescendo auf die Katastrophe zu. Dass Stolzius Maries Peiniger und sich selbst vergiftet, wirkt angesichts des finalen Aufschreis im kalten Gegenlicht fast schon beiläufig.

FAZIT

Die Münchner Oper landet mit Bernd Alois Zimmermanns Die Soldaten einen Coup. Der Jubel im Nationaltheater war selten so entschieden und so einhellig wie bei diesem Glanzlicht der ganzen Spielzeit.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Kirill Petrenko

Inszenierung
Andreas Kriegenburg

Bühne
Harald B. Thor

Kostüme
Andrea Schraad

Licht
Stefan Bolliger

Choreographie
Zenta Haerter

Klangregie
Wolfram Nehls



Chor der Bayerischen Staatsoper

Bayerisches Staatsorchester


Solisten

Wesener
Christoph Stephinger

Marie
Barbara Hannigan

Charlotte
Okka von der Damerau

Wesners alte Mutter
Hanna Schwarz

Stolzius
Michael Nagy

Stolzius´ Mutter
Heike Grötzinger

Obrist
Tareq Nazmi

Desportes
Daniel Brenna

Ein junger Jäger / 2. Fähnrich
Steve Pucker

Pirzel
Kevin Conners

Eisenhardt
Christian Rieger

Haudy
Tim Kuypers

Mary
Wolfgang Newerla

1. Offizier
Peter Tantsits

3. Offizier
Dean Power

2. Offizier
David Sitka

Die Gräfin de la Roche
Nicola Beller Carbone

Der junge Graf
Alexander Kaimbacher

Der Bediente
Johannes Terne

Der junge Fähnrich
Matthias Bein

Der betrunkene Offizier
Manuel Adt

Andalusierin
Makoto Sakurai

1. Fähnrich
Daryl Jackson

1. Hauptmann
Eric Price

3. Fähnrich
Christian Prager

2. Hauptmann
Frederic Jost

Madame Roux
Karin Kreitner

3. Hauptmann
Niklas Mallmann


Weitere
Informationen

erhalten Sie unter

 
Bayerische Staatsoper München
(Homepage)



Da capo al Fine

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