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Drama mit Schulterzucken

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Die Sache Makropulos
Vergebliche Liebe: Nadja Michael als 337 Jahre alte Emilia Marty und Pavel Cernoch als Albert Gregor in der Inszenierung von Árpád Schilling. © Wilfried Hösl

München - Am Sonntagabend feierte "Die Sache Makropulos" von Janácek Premiere im Münchner Nationaltheater. Die Nachtkritik:

Ein Stiefkind des Repertoires – und ein Fall für Operngourmets, die jedes Mal, wenn das Stück aus dem Fundus geholt wird, darauf pochen: Janáceks „Die Sache Makropulos“, das sei doch eine dringende Repertoiresache. Vorausgesetzt freilich, man findet eine Haltung dazu. Árpád Schilling, Regisseur der Neuproduktion an der Bayerischen Staatsoper, hat das nur bedingt. Gestern Abend war Premiere. Kein Buh, kaum Bravi für ihn, auch die Gala-Gemeinde sah sich offenbar schulterzuckend bis ratlos dem Abend gegenüber.

Dabei bietet Schilling mit seinem Ausstatter Márton Ágh durchaus Schauwerte. Ein großer Wand-Winkel beherrscht die Drehbühne, mal marmorner Palast, mal gepolsterte Studioatmosphäre. Die Figuren werden ins helle, unbarmherzige Licht geholt und agieren auf einer Schneelandschaft aus Papierschnitzeln: malerischer Abfall aus einer Batterie von Aktenschreddern. Doch das Drama um eine Frau, die seit 337 Jahren auf der Erde existieren und dabei immer wieder Männer ablegen muss, die Tragödie einer zum fast ewigen Leben und zur Beziehungslosigkeit Verdammten, all das wird in dieser Aufführung nur ansatzweise erfahrbar. Wohl auch, weil Nadja Michael als Emilia Marty hauptsächlich mit dem Ausstellen ihrer (von der Regie gern genutzten) Attraktivität beschäftigt ist, auch, um darüber hinwegzutäuschen, dass von ihr stimmlich höchst Anfechtbares zur hören ist. Auf der Habenseite dagegen Pavel Cernoch (Albert Gregor), John Lundgren (Jaroslav Prus) und Gustáv Belácek (Kolenaty).

Das eigentliche Ereignis spielte sich im Graben ab. Dirigent Tomás Hanus begegnet einer Partitur, die erst am Ende aus ihrer Kleinteiligkeit findet (und für deren Neuausgabe er mitverantwortlich ist), mit größtmöglicher Clarté und einer extremen Profilierung des Klangs. Nicht immer folgt ihm dabei das Bayerische Staatsorchester auf den Punkt, es gibt ein paar Unschärfen. Doch die Vorstellungsserie ist ja noch jung. Eine ausführliche Kritik lesen Sie morgen.

Von Markus Thiel

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