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Musiktheater
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Aida

Oper in vier Akten
Libretto von Antonio Ghislanzoni
Musik von Giuseppe Verdi


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h (eine Pause)

Premiere am 28. November 2014 im Opernhaus Düsseldorf

(rezensierte Aufführung: 30. November 2014)


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Rheinoper
(Homepage)
Wer zu leise singt, muss nach vorne an die Rampe

Von Stefan Schmöe / Fotos von Matthias Jung


Aida ist das Nebeneinander von großem Staatstheater und intimem Kammerspiel. Da ist es nicht ganz falsch, wenn die Titelheldin hin und wieder aus dem Geschehen heraus tritt, vorne an die Rampe, wenn sogar ein schwarzer Vorhang fällt und sie vom übrigen Geschehen trennt: Da lässt uns Regisseur Philipp Himmelmann den Triumphmarsch suggestiv durch die Augen Aidas verfolgen. Eine Gefahr möchte er damit wohl bannen: Dass die Oper, zumindest die ersten beiden Akte lang, allzu statisch im Repräsentationsgestus erstarrt, der dem Werk irgendwie anhaftet. Und auch den vermeintlichen Exotismus fürchtet die Regie: Alt-Ägypten auf moderner Opernbühne, das möchte Himmelmann offenbar gar nicht. Dann doch lieber hinein in die Entstehungszeit der Oper, also die Zeit um 1870 herum, und zwar in ein edles Hotel. So wird aus der Sklavin Aida eine Hotelbedienstete, und statt ägyptischen Priestern gibt es allerlei hochrangige katholische Geistliche. Allein ein paar Palmen vermitteln einen Hauch von Lokalkolorit.

Szenenfoto

Kurzes Liebesglück in der Lobby des Kairoer Grand Hotels: Aida und Radames

Damit hat Himmelmann allerdings nicht nur Ägypten-Kitsch verbannt, sondern gleich Sinn und Logik der Handlung mit dazu. Die katholische Kirche als Kriegstreiber - das scheint eher einem zählebigem antikatholischem Regiereflex entsprungen zu sein als dem aktuellen Zeitgeschehen und ist selbst schon wieder Kitsch, und das Hotelpersonal könnte ja wohl, im Gegensatz zu altägyptishen Sklaven, kurzerhand kündigen (zumal wenn es, wie Aida, wohlhabenden Familien entstammt). Aber so wörtlich, wie es das zu Beginn den Anschein macht, nimmt die Regie ihren Ansatz dann doch nicht und bleibt merkwürdig unbestimmt zwischen Realismus und symbolischen Bildern hängen. Viele Särge zeigen die Kriegssituation an, und Kostümbildnerin Gesine Völlm hat dem Chor edle Kleider verpasst. Hat man noch die Bilder von Dietrich Hilsdorfs streitbarer Bonner Inszenierung vom Vorjahr im Kopf, dann ist Himmelmann-Leiacker-Völlms Version geradezu niedlich, und da tappen sie dann doch alle zusammen in die Aida-Falle: Trotz der bemühten, aber viel zu schematisch geratenen Personenregie wird die Inszenierung zur Ausstattungsoper mit dem Chor hinten und den Solisten vorne an der Rampe, und von einer tragfähigen Inszenierungsidee ist nichts zu sehen.

Szenenfoto

Staatsakt: man betrauert die Toten des aktuellen Krieges.

Viel anders hätte Himmelmann seine Solisten aber auch schon deshalb nicht stellen dürfen, weil man die sonst kaum hören würde. Ob bei der Rollenverteilung die Idee verfolgt wurde, eine musikalisch schlanke, transparente Besetzung zusammenzustellen? Im Ergebnis wird allerdings Verdi deutlich unter Wert verhandelt. Morenike Fadayomi hat in den vergangenen Jahren nach und nach die "großen" Partien an der Rheinoper erarbeitet, aber die Aida ist deutlich eine Nummer zu groß. Dauerangestrengt und mit flackernd hysterischer Stimme, die sich in den Ensembles eben nur durchsetzen kann, wenn sie wirklich ganz vorne steht, kämpft sie sich durch die Partie, mit großem Engagement zwar, aber eben auch vielen unschönen Tönen. Der verhaltenere zweite Teil liegt ihr mehr, da kann sie immerhin ein paar schöne Töne im Piano singen, aber auch da fehlt die Leichtigkeit für eine wirklich gute Partie: Im Finale müsste gezaubert werden, hier wird hörbar gearbeitet. Mit allerlei Manierismen wie Sprechgesang, pathetischem Anschleifen der hohen Töne, Schluchzern oder dramatischen Verzögerungen überspielt sie, was die stimmliche Substanz nicht hergibt. (Großen Teilen des Publikums immerhin gefiel das.) Wäre das eine Vorstellung an einem kleinen Stadttheater mit eingeschränkten Möglichkeiten, man würde den Hut ziehen. Die Rheinoper aber dürfte doch den Anspruch haben, eine solche Partei auch stimmlich adäquat zu besetzen.

Szenenfoto

Rivalinnen: Die Hotelangestellte Aida (kniend) und Amneris - ein Hotelgast?

Sergej Khomov ist ein schlanker, in der Höhe beweglicher, aber ziemlich dünner Tenor - das mag für den Rigoletto-Herzog noch passen, ist für den Radames aber allzu operettenhaft. Der Amneris von Susan Mclean hört man die Erfahrung im dramatischen Fach an, und solange sie in der Mittellage und im Mezzoforte singen darf, hat das zupackenden Elan und starke Momente. Die Höhe ist dagegen angestrengt, und die für die Rolle so wichtige tiefe Lage ganz dünn. Thorsten Grümbel als König und Adrian Sampetrean als Ramfis sind stimmliche Leichtgewichte, die fast so etwas wie eine unfreiuwillige Buffo-Note in ihre Partien bringen (Sampetrean singt im Schlussakt noch dazu mit reichlich ungefährer Intonation). Bleibt der alte Haudegen Boris Statsenko als Amonasro: Zwar zerfasert das Piano, aber im Forte ist die Stimme voll und präsent, und er kann seinen Verdi singen und gestalten - da kommt plötzlich echte Dramatik auf, der Sänger und das ansonsten oft ausgebremste Orchester befeuern sich gegenseitig. Das höchste Sängerlob aber, und das ist bezeichnend für den Abend, gebührt einer jungen Dame namens Eva Bodorová aus dem Opernstudio: Die singt mit nicht zu kleiner, warmer und tragfähiger Stimme eine tadellose Oberpriesterin. Und weil die Regie - Sinn hin oder her - daraus eine Witwe macht, die angesichts der vielen Särge in einen sexuellen Rausch verfällt, zeigt Frau Bodorová, dass sie auch gut spielen und tanzen kann.

Szenenfoto

Am Nil: Aida und Radames zwischen allerlei Särgen

In solchen Szenen, auch in den schön ausgehörten Vorspielen, zeigen die zuverlässigen Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Chefdirigent Axel Kober ihre Qualitäten. Kober bleibt aber auch oft ziemlich pauschal, überspielt die für die Aida charakteristischen plötzlichen Tonartwechsel, als käme es nicht so darauf an, nimmt das Orchester sängerfreundlich zurück und verliert dabei die Binnendynamik. Die großen Tableaus mit Chor (klangschön und von Gerhard Michalski bestens einstudiert) sind sorgfältig durchgestaltet, ohne lärmig zu werden, aber dabei auch ein bisschen brav: Auch ein Tutti-Piano vertrüge hier und da mehr "Biss". Es bleibt oberflächlich, wie auch die Regie, die mit einem dramatischen Schlussbild aufwartet und dabei eines der großartigsten Duette der Operngeschichte aus den Augen verliert.


FAZIT

Harmlose Regie, unglückliche Besetzungspolitik: Aida ist ein Brocken, an dem sich die Rheinoper szenisch wie musikalisch verhebt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Axel Kober

Inszenierung
Philipp Himmelmann

Bühne
Johannes Leiacker

Kostüme
Gesine Völlm

Licht
Manfred Voss

Chor
Gerhard Michalski

Dramaturgie
Hella Bartnig



Chor der Deutschen Oper am Rhein

Düsseldorfer Symphoniker


Solisten

Aida
Morenike Fadayomi

Radames
Sergej Khomov

Amneris
Susan Maclean

Amonasro
Boris Statsenko

Ramfis, Hohepriester
Adrian Sâmpetrean

König
Thorsten Grümbel

Ein Bote
Hubert Walawski

Eine Priesterin
Eva Bodorová



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



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