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Ein sehr ordentlicher Wagnerabend
Von Thomas Tillmann In Dietrich Hilsdorfs harmlos-ideenarmer Inszenierung von Wagners Walküre aus dem Jahre 2009 gerät das Familiendesaster zum tragischen Zentrum, das sich in einem von Dieter Richter sehr imposant gestalteten Raum abspielt, ohne dass dieser Ansatz wirklich neue Deutungsimpulse setzen würde. Und so ist die Produktion vor allem eine, die man problemlos alle Jahre wieder mit beliebigen Gästen besetzen kann - was ja auch nicht verkehrt ist und in diesem Fall für ein beinahe ausverkauftes Haus sorgte. Dass man den Mitwirkenden bei durchgängig geöffneter Bühne etwa zu Beginn des zweiten Aufzugs beim Geplauder und familiären Umtrunk zuschauen kann, banalisiert das Geschehen unnötig; der Feuerzauber am Ende wirkte einmal mehr geradezu ermüdend konventionell. Rebecca Teem, die als Brünnhilde bereits in Lübeck und Frankfurt am Main erfolgreich war, überzeugte nach etwas unstetem Beginn mit scharf-flackerndem, eigenwilligem Ton bei den Hojotohos mit mächtigen Fortetönen ebenso wie mit zartestem Piano etwa im "War es so schmählich?", sie bewältigte die Partie mühelos und erwies sich so als Alternative zu den großen Namen in diesem Fach. Almas Svilpas Bassbariton klang schon zu Beginn des zweiten Aufzugs etwas matt, so dass man sich über die Ansage wegen einer vorausgegangenen Erkältung vor Beginn des dritten nicht wunderte; wie häufig in diesen Fällen entspannte sich der Künstler danach merklich und sang und agierte in der Folge deutlich befreiter. Seine Diktion wäre aber auch ohne diese Einschränkung vermutlich nicht prägnanter gewesen, so dass man während der Dialoge mit Frau und Tochter manchen Zuschauer beim Blick auf die Uhr erwischte. Dagegen streifte Ursula Hesse von den Steinen als Fricka wie schon in anderen Partien die Grenze zum Überagieren, machte aber natürlich alles aus dem Text, die Stimme an sich klang frischer als erinnert, aber auch etwas schwächer in der Tiefe. Katrin Kapplusch war mit erstaunlichen Reserven für die großen Ausbrüche und leuchtenden Spitzentönen eine üppig-sinnliche Sieglinde, der es freilich nicht gelang, ihren Bühnenpartner so zu faszinieren, dass dieser seinen Blick für längere Zeit vom Dirigenten löste, was angesichts der langjährigen Erfahrung mit der Partie doch erstaunte; eine erste Wahl für den Siegmund war Jeffrey Dowd nie, dazu ist mir die dunkle Stimme zu maulig, zu schwerfällig und zu wobblig, die Tiefe zu flach, die Einheitslautstärke zu ermüdend, die Diktion wie die Durchdringung von Text und Rolle zu oberflächlich - er ist eine akzeptable Hausbesetzung, die die Partie durchsteht, nicht mehr und nicht weniger. Ein Gewinn fürs Aaltotheater ist zweifellos der Belgier Tijl Faveyts, der einen stimmgewaltigen, eindringlichen Hunding gab, wie man ihn sich nur wünschen kann, zumal er dank seiner jugendlichen, hochgewachsenen Statur auch optisch eine echte Konkurrenz zu Siegmund war. Unter den ordentlich singenden Walküren war Sandra Janusaite als Gerhilde mit üppig-strahlendem Ton die beste, die schöne Farbe ihres Soprans war mir ja bereits in der Turandot-Reprise aufgefallen, in der sie die Liù gab. Tomas Nepotil bevorzugte flüssige, mitunter auch flotte Tempi, ohne durch die Partitur zu hetzen oder damit das Bühnenpersonal in Schwierigkeiten zu bringen. Die Essener Philharmoniker spielten unter seiner kompetenten, aber noch etwas allgemeinen, noch ein wenig die eigene Handschrift vermissen lassenden Leitung sehr tonschön (ein Sonderkompliment an das sehr weich musizierende Blech vor allem im ersten Aufzug), was dem Publikum sehr gefiel.
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Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Licht
Dramaturgie
Szenische Leitung der Wiederaufnahme
SolistenWotanAlmas Svilpa Fricka Ursula Hesse von den Steinen Siegmund Jeffrey Dowd Sieglinde Katrin Kapplusch
Hunding
Brünnhilde
Helmwige
Gerhilde
Ortlinde
Waltraute
Siegrune
Roßweiße
Grimgerde
Schwertleite
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