Junge Opernregisseure liefern gelungenes Debüt ab

05. Juni 2016 - 11:00 Uhr

Duisburg (MH) – Frischer Wind an der Duisburger Oper: Dort durfte sich am Samstagabend der Regienachwuchs erproben. Versuchsobjekte waren zwei selten gespielte Einakter, "What next" von Elliot Carter und "Trouble in Tahiti" von Leonard Bernstein. In Szene gesetzt wurden sie von Tibor Torell und Philipp Westerbarkei.

"What Next"

"What Next"

Für die jungen Regisseure, die beide als Spielleiter am Theater Duisburg an der Deutschen Oper am Rhein engagiert sind, war dies die erste Chance, im großen Haus und mit allen dazugehörigen Ressourcen zu arbeiten. Möglich wurde es durch das neue Programm "Young Directors", mit dem die Rheinoper ihren Nachwuchs fördern will.

Beide Regienovizen nutzten diese Chance, wobei Torell mit Carters einziger, 1999 uraufgeführter Oper die deutlich schwierigere Aufgabe hatte. Der Plot gleicht einer psychologischen Versuchsanordnung: sieben Personen sind nach einer Katastrophe auf der Suche nach ihrer Identität. Eigentlich ist das kaum zu inszenieren, denn eine Handlung oder einen dramaturgischen Bogen im eigentlichen Sinne gibt es nicht.

Aus Floskeln entsteht ein ebenso rätselhafter wie zuweilen erratischer Text. Torell ließ denn auf der von Ana Tasic entworfenen apokalyptischen Bühne auch zuweilen viel an der Rampe spielen und nutzte das Publikum mangels einer echten Interaktion der Figuren als Spiegel für die Emotionen der Protagonisten. Vor allem für den mehrfach von neuem beginnenden Prozess der Identitätsfindung fand Torell ausdrucksstarke Bilder.

Bernstein beschreibt in seinem Einakter die Tristesse einer amerikanischen Mittelstandsfamilie: Materiell hat man alles, emotional nichts. Philipp Westerbarkei inszenierte den Alltagstrott der Protagonisten mit lockerer Hand. Auf der von Tatjana Ivschina entworfenen, die hohle Uniformität des amerikanischen Traums widerspiegelnden Bühne, ergab sich so ein unterhaltsames Spiel der Figuren, das den verschiedenen Ebenen der Handlung Rechnung trug. Handwerklich blieb das Debut der beiden Regienovizen somit durchweg solide und insgesamt gelungen.

"Trouble in Tahiti"

"Trouble in Tahiti"

Die musikalische Seite war bei den Duisburger Symphonikern Philharmonikern in den besten Händen. Die hochkomplexe, ineinander verschachtelte Partitur Carters wurde von dem jungen Jesse Wong bravourös dirigiert. Auch Patrick David Chestnut hatte das Orchester in Bernsteins Einakter im Prinzip bestens im Griff. Zuweilen ließ er es allerdings etwas zu sehr aufdrehen, so dass manche Sänger Gefahr liefen unterzugehen. Das Sängerensemble war aber durchweg ausgezeichnet, es umschiffte virtuos alle musikalischen und inszenatorischen Klippen.

Insgesamt ein anregender Abend in Duisburg, der nur wenige Male zu sehen ist. Die Reise aber lohnt sich.

(Von Guido Krawinkel)

Berichtigungen (08.06.2016 – 09:23 Uhr): Im zweiten Absatz muss es "an der Deutschen Oper am Rhein" heißen und im letzten Absatz "Philharmonikern".

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