Fluch und Segen des Goldes: Danae erfährt ihn am eigenen Leib, als sie im Kuss des Midas zu Edelmetall erstarrt. Das Salzburger Festspielpublikum erfuhr ihn am Sonntag, bei der Premiere des Opernstoffes. "Die Liebe der Danae" von Richard Strauss hat Alvis Hermanis in einen Goldregen aus üppigem Bühnendekor verwandelt. Wirklichen Glanz gab es anderswo: Musikalisch war der Abend ein Ereignis.

"L'art pour l'art" hatte Hermanis als Credo ausgegeben. Er interessiere sich nicht für eine relevante Deutung, er setze lieber auf Dekadenz, auf ein orientalisches Märchen, das - tückische Ironie - nur ganz zufällig in Syrien spielt. Die Kunst als reine Kunst - das bedeutet in den Augen des lettischen Regisseurs offenbar vor allem: Gold, Prunk, Textilien, Gold, falsche und echte Tiere, Gold - und Sex. Mit Turbanen von der Größe eines Sitzsacks lächerlich gemachte Männer neben Frauen, die entweder im goldenen Catsuit oder in einem Hauch aus Seide mit aufgeklebten Nippeln durch die Ausstattung turnen. Ein Fest der Freude für den lüsternen Jupiter. Hehre Kunst? Naja.

Krassimira Stoyanova als Danae
Krassimira Stoyanova als Danae © APA/Barbara Gindl

Irgendwo versteckt in der Materialschlacht gab es noch eine Geschichte: Von der schönen Danae, die den Eselstreiber dem Gott vorzieht, die schlichte Hütte dem Palast. Ein Liebesdreieck, für das eine phänomenale Besetzung zur Verfügung stand: Krassimira Stoyanova steht mit ihrem glockenhellen, kraftvollen Sopran ohnehin über den Dingen, Tomasz Konieczny begeisterte als Jupiter mit gewaltiger Präsenz in allen Registern seines Bass. Gerhard Siegel als Midas konnte da trotz dem satten Schmelz seines Tenors nicht ganz mit. Auch in den Nebenrollen - von Norbert Ernst als Merkur bis zu Maria Celeng als Semele - wurde grandios gesungen.

Dekorativer Overkill
Dekorativer Overkill © APA/Barbara Gindl

Bei einer solchen Besetzung war es pure Verschwendung, dass Hermanis auf das Bebildern statt auf das Inszenieren gesetzt hat. Denn ein Kostüm macht noch keine Figur. Von Charakteren, ja von der ganzen Story, blieb unter dem opulenten Tand nicht viel übrig. Man singt sich stoisch an, während rundherum ohne Unterlass die nervöse Choreografie der Go-Go-Tänzerinnen tobt (Alla Sigalova). Als der Overkill endlich dem schlichteren, kraftvolleren Bild des dritten Aktes weicht, tauchen die Frauen in weißen Burkas auf (oder sollen es Schlossgeister sein?) - aber auch das darf man nicht etwa als Statement missverstehen. Ist ja Kunst.

"Die Liebe der Danae" läuft noch vier Mal
"Die Liebe der Danae" läuft noch vier Mal © APA/Barbara Gindl

Die reichen optischen Gaben nahm das Publikum nicht ohne Dankbarkeit, aber dennoch verhalten an. Der unbändige Jubel am Ende - das ließen die Besucher auch schon nach den Pausen bei Welser-Mösts Wiederauftauchen deutlich werden - galt dem musikalischen Aufgebot. Welser-Möst, Visionär und Pragmatiker, der er ist, wusste aus dem dicken Opernwälzer epische Volumina und keusche Süße zu skulptieren. Vom Dirigentenpult aus erzählte er eben doch die Geschichte, erschuf eben doch die großen Gefühle, denen szenisch keine Beachtung vergönnt war. Bestens disponiert die Wiener Philharmoniker, ein Strauss, der Maßstäbe setzt. Die Balance zwischen Graben und Bühne geriet trotz des optischen wie hörbaren Getöses keinen Moment ins Wanken.

Eine so glanzvolle Opernproduktion haben die Salzburger Festspiele schon lange nicht gehabt. Und dann möchte man sagen: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Oder eben doch. Es sei ihnen vergönnt.