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"West Side Erfolgsstory" in Salzburg geht weiter

An der New Yorker West Side gibt es noch immer Stress - und das Publikum liebt ihn: Nach dem Erfolg bei den Pfingstspielen ist Philip Wm. McKinleys Inszenierung von Leonard Bernsteins Erfolgsstück "West Side Story" am Samstagabend auch bei den Salzburger Festspielen umjubelt worden. Der Broadwayklassiker mit Cecilia Bartoli in der Hauptrolle bringt einfach die Massen in die Felsenreitschule.

"West Side Erfolgsstory" in Salzburg geht weiter
"West Side Erfolgsstory" in Salzburg geht weiter

Die Festspiele mussten frühzeitig eine Zusatzvorstellung einschieben und sogar die Generalprobe für den Verkauf öffnen. Die hitgespickte Romeo-und-Julia-Variation zwischen der jungen Puerto Ricanerin Maria und dem Amerikaner Tony im New York der 1950er gehört generell zu den Publikumsrennern, besonders aber natürlich mit Salzburgliebling Bartoli in tragender Rolle.

Da die Maria ja eigentlich erst im zweiten Handlungsdrittel auftaucht und noch dazu ein junges Mädchen ist, hat Regisseur McKinley die Partie kurzerhand ausgebaut, respektive gesplittet für die quirlige Bartoli. Als Rahmenhandlung erinnert sich die gereifte Maria an die traumatischen Erlebnisse ihrer Jugend, die von Michelle Veintimilla als Handelnde auf der Bühne durchlebt werden, während Bartoli stumm und unbeteiligt durch die Handlung wandelt - abgesehen von den Liedern, die natürlich sie intoniert. Durch diesen geschickten Trick erspart McKinley der 50-Jährigen den Auftritt als Teenager und bietet ihr zugleich mehr Bühnenzeit.

Ansonsten ist die Inszenierung im Wesentlichen in der Zeit gehalten - Haartollen, 50's-Jeans und Pettycoats inklusive. Auch sind die an sich bemerkenswert durchgearbeiteten Choreografien bisweilen etwas testosteronschwanger geraten. Messerfight a la Felsenreit. Dadurch legt sich bisweilen ein leichter Staubschleier über das Geschehen, das so den leichten Beigeschmack einer Zeit hinterlässt, in der es noch Begriffe wie "Halbstarke" gab. Dies ist insofern schade, weil die Regie im Kern durchaus glänzt und die Felsenreitschule bis in die letzte Ecke in eine New Yorker Straßenlandschaft verwandelt, in deren Mitte ein Stahlgerüst dominiert, das in die einzelnen Schauplätze unterteilt ist.

Anders als Bartoli, die als Zeremonienmeisterin wenig schauspielern darf, sondern sich meist auf melancholische Blicke in die Ferne beschränken muss, kann in dieser Spielwiese Tenor Norman Reinhardt als Tony auch seine Qualitäten als Akteur unter Beweis stellen. Hinzu kommt, dass er perfekt weiß, mit dem ungewohnten Faktor umzugehen, elektronisch verstärkt singen zu müssen. Dabei überzeugt er mit tadelloser Höhe und der Fähigkeit, seine klassisch ausgebildete Stimme an das vibratoarme Timbre des Musicalgenres anzupassen.

Gustavo Dudamel führt indes seine altgedienten Weggefährten vom Simon Bolivar Orchestra aus Venezuela mit Latino-Verve durch die Partitur, ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen. Überstimmen will man die Sänger nicht. Und die Spielfreude steht vor absoluter Präzision in jedem Takt. Alles in allem also ein würdiger Abschluss der szenischen Premieren/Wiederaufnahmen der heurigen Salzburger Festspiele.

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