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Gli uccellatori (Die Vogelfänger)

Dramma giocoso in drei Akten
Libretto nach Carlo Goldoni, Wiener Fassung von 1768 (vermutlich bearbeitet von Marco Coltellini)
Musik von Florian Leopold Gassmann


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Originalproduktion Theater an der Wien in der Kammeroper 2015

Aufführungsdauer: ca. 2h 30'  (eine Pause)

Premiere im Staatenhaus Saal 3 in Köln am 18. März 2018


 



Oper Köln
(Homepage)

Männer und Frauen auf der Jagd

Von Thomas Molke / Fotos von Paul Leclaire

Nachdem Christoph Willibald Gluck 1763 die Stelle des Opernkapellmeisters in Wien abgegeben und seinen künstlerischen Schwerpunkt nach Paris verlegt hatte, wurde das Wiener Opernleben vor Antonio Salieri vor allem von einem Komponisten geprägt, den man heute kaum noch kennt: Florian Leopold Gassmann. Als Kapellmeister und Hofkomponist etablierte er die Opera buffa, die bis dahin größtenteils nur aus Italien importiert worden war, und legte den Grundstein für eine lokale Buffa-Tradition, die von seinem Schüler Salieri und später auch von Wolfgang Amadeus Mozart erfolgreich weitergeführt wurde. Dabei hatte Gassmann bereits Erfahrungen mit dieser Gattung in Venedig sammeln können. Dort hatte er auch 1759 seine erste Opera buffa, Gli uccellatori, herausgebracht. Das Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien verfolgt nun seit einigen Jahren mit dem Forschungsprojekt "Opera buffa in Wien (1763 - 1782)" das Ziel, Wiener Fassungen der aus Italien importierten Opera buffe bezüglich ihrer Rolle innerhalb des Wiener Kulturlebens der Zeit genauer zu untersuchen. In diesem Zusammenhang hat man sich auch mit Gassmanns Gli uccellatori beschäftigt, die dieser 1768, neun Jahre nach der Uraufführung in Venedig, in einer komplett überarbeiteten Fassung in Wien herausbrachte. Die Oper Köln übernimmt die 2015 in der Kammeroper im Theater an der Wien herausgekommene Produktion und hat sie mit Solistinnen und Solisten des Kölner Opernstudios neu einstudiert.

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Großes Rätselraten: Wer liebt hier wen? (von links: Toniolo (Young Woo Kim, Roccolina (Sara Jo Benoot), Cecco (Hoeup Choi), Mariannina (María Isabel Segarra) und Pierotto (Yunus Schahinger), im Hintergrund rechts: Martin Dvořák als Uccello)

Die Oper handelt von den drei Vogelfängern (Uccellatori) Cecco, Pierotto und Toniolo, die mit ihren Netzen nicht nur Vögel fangen, sondern auch Frauenherzen erobern wollen. Während sich Pierotto für unwiderstehlich hält, zeigen die beiden Dienstmädchen Roccolina und Mariannina jedoch mehr Interesse an dem schönen, aber etwas schüchternen Cecco. Doch auch das Herz der Contessa Armelinda schlägt für den jungen Mann, so dass sie ihren Verehrer, den Marchese Riccardo, kurzerhand abblitzen lässt. Dieser ist natürlich nicht bereit, diese Abweisung zu akzeptieren, und will Cecco aus Rache ermorden lassen. Hierfür bietet Pierotto seine Dienste an. Doch Roccolina und Mariannina belauschen die beiden und schützen Cecco vor den Mordversuchen. Als Toniolo ebenfalls einschreitet, um Cecco zu schützen, hält dieser Toniolo für den mutmaßlichen Attentäter, und es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen den drei Männern, woraufhin alle drei festgenommen werden. In einer fingierten Gerichtsverhandlung treten Roccolina als Richter und Mariannina als Notar auf. Cecco gesteht, Roccolina zu lieben, und soll daraufhin begnadigt werden. Die zurückgewiesene Mariannina entscheidet sich für Toniolo, und die Contessa ist schließlich doch noch bereit, den Marchese zu erhören, so dass es am Ende drei glückliche Paare gibt. Lediglich Pierotto geht leer aus.

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Pierotto (Yunus Schahinger, links) verspricht dem Marchese Riccardo (Dino Lüthy, rechts), den Rivalen Cecco zu töten.

Das Regie-Team um Jean Renshaw hat das Verwirrspiel der Liebe im Saal 3 des Staatenhauses in relativ intimem Ambiente in Form einer Guckkastenbühne eingerichtet, auf der die Protagonisten mal durch eine Klappe im angeschrägten Boden, mal durch eine Tür im Hintergrund auftreten. Die Vogelthematik findet sich sowohl in einem riesigen Ei auf der rechten Bühnenseite, einem pittoresken Gemälde auf dem Bühnenboden und in den Kostümen wieder, für die Christof Cremer verantwortlich zeichnet. Dabei verwendet er jede Menge Tüll und Rüschen, um zu zeigen, dass die Menschen hier wie Vögel gejagt und gefangen werden und bisweilen auch an dem riesigen Ei haften bleiben. Die Contessa trägt dabei wie eine "Oberhenne" drei Eier in einem kleinen Nest auf dem Kopf. Wenn es dann ans Heiraten geht, haben die Frauen schnell ihre weißen Hochzeitskleider angelegt, bevor einer der Herren womöglich noch auf die Idee kommen könnte, es sich anders zu überlegen. Dabei sorgt Renshaw in der Personenführung für enormes Tempo und hervorragenden Spielwitz, so dass zu keinem Zeitpunkt Längen in der doch sehr einfach gestrickten Handlung entstehen.

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Wer fängt hier wen? Cecco (Hoeup Choi, Mitte) mit Roccolina (Sara Jo Benoot) und Uccello (Martin Dvořák, im Hintergrund)

Des Weiteren wird als stumme Figur ein Vogel, Ucello, eingeführt, der wie eine Karikatur aus Schwanensee für heitere Momente in der Handlung sorgt. Zum einen fungiert er natürlich als Objekt der Begierde, das die Vogelfänger mit ihren kleinen Eimern einfangen wollen. Zum anderen stellt er auch eine Art Spielleiter dar, der die Aktionen der anderen Figuren beeinflusst. Wie in der Originalproduktion im Theater an der Wien vor drei Jahren hat auch in Köln Martin Dvořák diesen Part übernommen. Mit großartiger Mimik flattert er mal mit weißen, dann, wenn es um die Ermordung Ceccos geht, mit schwarzen Fächern in einem weißen ausladenden Tüllrock durch das Bild, taucht passend zum Takt aus der Klappe auf dem Boden auf und verschwindet genauso schnell wieder oder klettert auf einen Stuhl im Hintergrund, der auf eine Leiter gestellt ist, um hier weitere akrobatische Kunststücke vorzuführen. Dabei imitiert er im Bewegungsablauf stets einen komischen Vogel. Bei der Ouvertüre tollt er mit Slapstick-Komik über die Bühne und bindet bei der späteren Gerichtsverhandlung die drei Vogelfänger aneinander. Auch muss sein Kopf unter einem Eimer herhalten, wenn Roccolina als Richterin mit einem Hammer für Ruhe sorgt.

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Drei glückliche Paare haben sich gefunden: von links: Toniolo (Young Woo Kim) und Mariannina (María Isabel Segarra), die Contessa Armelinda (Maria Kublashvili) und der Marchese Riccardo (Dino Lüthy), Roccolina (Sara Jo Benoot) und Cecco (Hoeup Choi).

Gianluca Capuano setzt mit dem Gürzenich-Orchester Köln Gassmanns lautmalerisch dahinfließende Musik mit Liebe zum Detail um und arbeitet das Vogelgezwitscher zwischen den Tönen sorgfältig heraus. Das Ensemble, das aus jungen Mitgliedern des Internationalen Opernstudios der Oper Köln besteht, überzeugt mit frischen Stimmen und großem Spielwitz. Maria Kublashvili verleiht der Contessa Armelinda mit leuchtenden Höhen und klaren Koloraturen herrschaftliche Eleganz. Sara Jo Benoot verfügt als Roccolina über einen warmen Mezzosopran. María Isabel Segarra legt die Partie der Mariannina mit hellem Sopran recht zickig an und überzeugt mit großer Komik, wenn sie in den in mehreren Ebenen angelegten weißen Rüschen ihres Hochzeitskleides wie in einem Gefieder verschwindet und Toniolo vorgaukelt, dass ihr Herz immer schon ihm gehört habe. Hoeup Choi stattet den von allen Frauen begehrten Cecco mit markantem Bariton aus und gefällt durch leicht naives Spiel. Young Woo Kim mimt den Toniolo mit weichem Tenor, der zu großem Leiden fähig ist. Yunus Schahinger punktet als Pierotto mit leicht fließendem Buffo-Bass. Dino Lüthy rundet als Marchese Riccardo das junge Ensemble mit leichtem Tenor gut ab, so dass es für alle Beteiligten großen Beifall gibt, der beim Auftritt des Regie-Teams noch einmal an Intensität zulegt.

FAZIT

Gassmanns Musik hat durchaus ihre Meriten, die eine Wiederentdeckung lohnenswert machen, vor allem bei einer so fantasievollen szenischen Umsetzung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Gianluca Capuano

Inszenierung
Jean Renshaw

Bühne und Kostüme
Christof Cremer

Licht
Philipp Wiechert

 

Gürzenich-Orchester Köln

Continuo
Luca Quintavalle

 

Solisten

La Contessa Armelinda
Maria Kublashvili

Il Marchese Riccardo
Dino Lüthy

Roccolina
Sara Jo Benoot

Cecco
Hoeup Choi

Mariannina
María Isabel Segarra

Pierotto
Yunus Schahinger

Toniolo
Young Woo Kim

Un uccello
Martin Dvořák


Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Oper Köln
(Homepage)



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