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Premiere I Eintauchen in wallende Gefühle

Horst Hollmann

Oldenburg - Ach, dieses Libretto! Es treibt in Peter Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“ schon im zweiten Akt einen der bewegendsten Sänger der prächtigen Oldenburger Neuinszenierung von der Bühne. Tenor Daniel Ohlmann als Dichter Lenski hat aus Eifersucht ein Duell und darin ziemlich direkt den Tod gesucht. Es war die bessere Wahl. Für Gegner Paul Brady als Titelfigur wird das Weiterleben zur Tragödie.

Riecht nach Tundra

Ach, diese Geschichte um zwei verhinderte Liebhaber in der öden Provinz des 19. Jahrhunderts! Es passiert dort ja nichts, außer mal einem Duell. Tschaikowskys „lyrische Szenen“ fordern jede Regie heraus. Im Großen Haus bezwingt Julia Hölscher dieses viel Einbildungskraft fordernde Werk knapp drei Stunden lang mit Bravour. Ausschweifender Erzählton, Zeitsprünge, erfüllte Generalpausen, unerfüllte Gefühle, wirbelnde Chorszenen: Alles schwingt in Balance.

Dazu ist das Bühnenbild von Cora Saller im Landschaftsbau karg, aber atmosphärisch dicht. Es riecht nach Tundra, deren düstere Tiefe durch einen verschattenden Spiegel verstärkt wird. Die Räume sind voll gefüllt, nicht nur von Landvolk und Adel durch den in Stimmen und Tanzschritten virtuosen Chor, sondern gerade durch die introvertierten Individuen.

Ach, diese beiden Liebespaare! Die verträumt komplizierte Tatjana überfällt den Hallodri Onegin mit ihrem Liebesgeständnis zur falschen Zeit. Sein Freund Lenski philosophiert zu viel über seine Liebe zu Tatjanas quirlig einfacher Schwester Olga. Das passt auch nicht. Als Onegin Tatjana nach über 20 Jahren wiedertrifft, kommt seine jetzt entflammende Liebe zu spät. Tatjana ist mit Fürst Gremin verheiratet. Der kennt die Liebe nicht nur als Illusion, sondern im Alltag. Damit gibt er Tatjana, was sie braucht: Geborgenheit.

Die Sänger (russisch!) überzeugen bis in Details hinein. Bei Gastsängerin Maria Kalesidis fasziniert ihr facettenreicher Sopran und die Begabung, Tatjana als gereifte Frau im Timbre vom verletzlichen Jungmädchen abzusetzen. Geneviève Kings Olga birst vor praller Lebensfreude. Paul Brady überzeugt mit einer verlotterten Arroganz als Onegin. Daniel Ohlmann bringt seinen Tenor recht mühelos durch alle Register in die Spitzenlagen. Benjamin   Le­Clairs Bass (Gremin) ist anheimelnd, aber etwas rau. In ausgefüllten kleineren Rollen stechen Helena Köhne (Filipjewna) und Michael Pegher (Triquet) hervor.

Große Oper

Puschkins Romanvorlage mit ihrer Sphäre von Traum und Wirklichkeit reicht hier in die Neuzeit. Sensibel greift die Regie musikalische Linien auf. Eingangs etwa wird Tatjana durch eine Cellokantilene charakterisiert; diese kehrt am Ende in der Klarinette zurück. Ebenso werden visuell Variationen verbunden: Nach der Abweisung durch Onegin trägt ein Eisbär die erstarrte Tatjana von der Szene. Im Schlussbild hebt Gremin, ein Bär von Kerl, sie schützend in seine Arme.

Ach, überhaupt diese Musik! Chordirektor Thomas Bönisch macht mit dem Staatsorchester aus Kammerspiel-Elementen große Oper. Dirigent und Orchester halten Gleichgewicht zwischen einer übergeordneten Perspektive des Erzählens und dem Eintauchen in wallende Gefühle. Das hält in großer Linie die Szenen zusammen. Und bei Wunschkonzert-Stücken wie Walzer oder Polonäse pieksen unter der gewienerten Oberfläche Stacheln und Borsten.

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