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Premiere Fundsache als „Tatort“-Folge

Horst Hollmann

Oldenburg - Noch ein „Tatort“. Titel: La Dame blanche, die weiße Dame. Ort: Oldenburg, Staatstheater. Folge 1542, geschätzt. Wie bitte? Wie diese Zahl? Ganz einfach: Das Stück, arbeitstechnisch eine Opéra comique von François-Adrien Boieldieu, wurde bald nach der Uraufführung 1825 in Paris und Frankreich 1400-mal gespielt. Deutschland brachte es später auf rund hundertmal, darunter 1927 fünfmal in Oldenburg. In den zurückliegenden 25 Jahren gab es die vergessene Oper wohl nur in Bremerhaven, Düsseldorf und Rheinsberg.

La Dame blanche, ein „Tatort“? Regisseurin Nadja Loschky macht im Großen Haus aus der Fundsache Boieldieu einen Krimi mit eigenen Dialogen. Genau dieser Kunstgriff ist die Rettung dieses einst hitverdächtigen bürgerlichen Unterhaltungstheaters für die heutige Zeit.

Betörende Melodien

Wer soll die verworrene Handlung ernst nehmen? Ein windiger Verwalter namens Gaveston lässt ein Schloss in Schottland verkommen, weil er es sich selbst nebst Grafentitel unter den Nagel reißen will. Doch kommen ihm ein Soldat, der sein Gedächtnis an seine gräfliche Herkunft verloren hat, und eine unter weißem Schleier und Hirschgeweih spukende ehrenwerte Dame in die Quere. Am Ende liegt Gaveston auf der Bleiche.

Wie gelangte der Fiesling ins Jenseits? Die Regisseurin schickt zur Klärung Kriminalhauptkommissarin Trippel (Karla Trippel) und Assistent Dröge (Lucas Federhen) ins Geschehen. Es ist eine treffliche Idee, eine Oper von anno dunnemals auf die Bühne zu stellen, gleichzeitig aber alle Lächerlichkeiten eines antiquierten Theaterapparates zu unterlaufen.

Die beiden Schauspieler halten die Szenen entweder einfach an, wenn sie grübelnd ermitteln, oder sie mischen sich tätlich ein. Da lösen sich zwischen einer riesigen Wand mit Fahndungsfotos und Gemächern in Schloss Avenel (Bühne: Daniela Kerck) Zeit und Raum auf. Die Charaktere bleiben einfach gestrickt, das Suchen nach Metaphern oder Symbolen entfällt. Nur eine Botschaft steht: Soldat zu sein, kann vieles im Leben durcheinanderbringen.

Die funkelnd lebendige und quirlige Musik benötigt keine zusätzliche Rettung. Dirigent Vito Cristófaro vertraut ihrer Qualität, lässt den betörenden Melodien nicht nur Zeit, sondern auch Verve und Schmiss. Gerade Holzbläser und Hörner des Staatsorchesters kosten die lyrischen Feinheiten aus, die Musik protzt nicht mit Muskeln. Es geht eben um elegante Effekte und weniger um Affekte.

Für diese Form der französischen Spieloper hat das Oldenburger Ensemble, französisch singend, derzeit den passenden Zuschnitt. Nicola Amodio hat sein Timbre angenehm verbreitert und bringt für den in der Rolle des Offiziers George Brown geforderten „Tenor aigu“ neben geschmeidiger Beweglichkeit in der Höhe auch eindringliche Nuancen des Leisen mit.

Flippiger Schluss

Tomasz Wija (Gaveston) ist der bewegliche Bass der Comique, ebenso wie Anna Avakian (Jenny) der quecksilbrig-frivole Sopran. Valda Wilson (Anna) setzt sich mit mehr Fülle und Wärme ab. Stilvoll individuell runden Philipp Kapeller (Pächter Dikson), Yulia Sokolik (ehemalige Gouvernante), Peter Kellner (Friedensrichter) und der Chor (Einstudierung Thomas Bönisch) das schillernde Gesamtbild ab.

Fazit also von „Tatort“ 1542 in Oldenburg. Gattung: Klamotte. Leichen: drei. Machart: sehr einfallsreich. Musik: volle drei Stunden einschmeichelnder Wohlklang, trotz Überfülle bestens zu ertragen. Gesamteindruck: ausgezeichnet. Großer Beifall.

Die aktuelle Folge endet angemessen irrational. Wer ermordete denn nun Gaveston? Die flippige Schlusswendung muss man schon selbst sehen.

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