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Donizettis „lucia Di Lammermoor“ Irre schöne Wahnsinnsarie im Staatstheater Oldenburg

Host Hollmann

Oldenburg - Zwei Todesfälle. Der eine ein Totschlag in geistiger Verwirrung. Der andere etwas für die Pathologie wegen unklarer Todesursache. Ein dritter, im Libretto als Suizid vorgesehen, wird im aktuellen Fall verhindert. Eine solide Quote für eine Oper voller Ränke, Intrigen, Hinterhältigkeiten und vordergründigen Gewalttaten.

Wo es karten gibt

Die Oper „Lucia di Lammermoor“ von Gaetano Donizetti in der Inszenierung von Stephen Lawless steht im Dezember noch viermal auf dem Spielplan des Oldenburgischen Staatstheaters. Weitere Vorstellungen sind 2019 geplant, unter anderem am 6. Februar.

Karten gibt es an der Theaterkasse, unter t   0441/22 25 111 und online unter

Doch dieser Schottland-„Tatort“ hat etwas, was kein anderer hat. Vor ihrem Verbleichen singt die Hauptfigur eine Wahnsinnsarie. Die ist derart irre, gespenstisch, aufwühlend und umwerfend, dass sie in der Musik als einmalig gilt. Zwei Stunden dauert es, bis sich Lucia di Lammermoor zu diesem abgedrehten Koloraturen- und Belcanto-Hit aufrafft. Prompt gerät das Große Haus in Oldenburg total aus dem Häuschen. Knapp drei Stunden insgesamt braucht die Oper dieses Namens von Gaetano Donizetti. Im Staatstheater werden sie nicht lang.

Karierter Schottenlook

Zum einen hat der Komponist 1835 um die Kernarie herum jede Menge anderer ergreifender Arien gefügt. Zum anderen muss ein Theater ja auch über diese tragende zentrale Kraft der Lucia verfügen. Die hat sie in der großartigen Sooyeon Lee. Und um sie herum muss es ein Ensemble einsetzen können, das dieses Niveau bruchlos hält. Auch das schafft Oldenburg. Alles zusammen ergibt dann große Oper.

Stephen Lawless inszeniert das Seelendrama grundlegend konservativ und etwas hausbacken. Lucia liebt Sir Edgardo di Ravenswood, den Erzfeind ihres Bruders Lord Enrico Ashton. Für dessen Besitz- und Machterhalt soll sie den einflussreichen Lord Arturo Bucklaw heiraten. Da werden die Briefe der Liebenden abgefangen, die Menschen durch Fälschungen zermürbt. Hackerangriffe und Fake News hießen damals noch nicht so, aber das zerstörerische System wirkte gleichermaßen.

Hohe Wände stehen für äußere und innere Eingrenzungen. Metaphern werden sparsam und deutlich eingesetzt. Da kniet Enrico vor einem erlegten Hirsch und sähe vor sich doch lieber den verhassten Edgardo. Der im März verstorbene Benoit Dugardyn hat die Bühne noch konzipiert, Lionel Lesire die Pläne umgesetzt. Sue Willmington streut bei den Kostümen im karierten Schottenlook einen Anflug von Ironie ein.

Überinszeniert wie so oft ist diese „Lucia“ nicht. Sie ist aber schlüssig, weil sie in der Enge die Bühnenwucht komprimiert, aber über allem der Musik ihren weiten Raum lässt. Vielschichtig schattieren Ensemble, der oft etwas herumstehende Chor (Einstudierung Markus Popp) und das Staatsorchester (Leitung Vito Cristofaro) in Klangfarbe und Timbre immer wieder dieses Changieren zwischen echten und vorgegaukelten Gefühlen. Cristofaro entfacht farbige und schlagfertige Theatralik, ohne die Sänger in die Klemme zu bringen.

Großeinsatz der Tenöre

Vor allem aber Sooyeon Lee. Die Sopranistin spielt beseelt mit den Tönen. In der weniger ergiebigen tieferen Lage hält sie die Spannung, in der Mitte besticht ihr Legato-Fluss, in der Höhe rundet sie Schärfen immer wieder ab. Es geht von dieser Stimme einfach ein bezwingender Zauber aus.

Im Großeinsatz der Tenöre dominiert natürlich Jason Kim (Edgardo) mit seiner emotionalen Unbedingtheit. Kihum Yoon (Enrico/Bariton) baut eine Paraderolle auf zwischen machtstrebendem Macho und von Skrupeln geplagtem Zweifler.

Auch die Tenöre Philipp Kapeller (Arturo) und Timo Schabel (Normanno) entwickeln als randständigere Figuren eigene Leuchtkraft. Tomasz Wija (Bass) zeichnet kernig den zwielichtigen Pfarrer Raimondo. Ann-Beth Solvang (Mezzosopran) gibt Alisa, die Vertraute Lucias.

Auf einmal, am Ende, erlaubt sich die Regie sogar etwas Unerhörtes. Edgardo bleibt am Leben und streut vis-a-vis mit Enrico Erde in Lucias Grab. Ja, wie denn nun weiter? Da fällt der Vorhang.

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