Samstag, 11. Mai 2024

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„Das schlaue Füchslein“ in Karlsruhe
Tierische Liebe

Für seine Oper „Das schlaue Füchslein“ ließ sich Leoš Janáček von der Tageszeitung inspirieren: von einer gezeichneten Bildergeschichte über die Füchsin Schlaukopf und ihren Fuchs. Nun knüpft der Regisseur Yuval Sharon an diese Entstehungsgeschichte an, indem er comichafte Bilder und reale Darsteller kombiniert.

Von Jörn Florian Fuchs | 17.12.2018
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    Das Bühnenbild von "Das schlaue Füchslein" (Falk von Traubenberg/Badisches Staatstheater Karlsruhe)
    Huch, was ist denn da los? Das Orchester sitzt mitten auf der Bühne, dahinter ein Halbrund aus Holz. Angekündigt wurde doch eine Inszenierung von Leoš Janáčeks "Schlauem Füchslein", einer klangsinnlichen Meditation über Werden und Vergehen, über Liebe und Enttäuschung, über Fressen und Gefressenwerden – sowohl im Tier- wie im Menschenreich.
    Die Sache klärt sich rasch, denn das vermeintliche Holz entpuppt sich als bloße Projektion auf eine halbrunde Leinwand. Bald sieht man dort einen Wasserfarbenwald entstehen, dann kommen nach und nach die Protagonisten hinzu. Manche bleiben Filmfiguren, andere sind reale Charaktere auf der Bühne. Nicht nur Füchse und Förster sind da, sondern auch ein leicht melancholischer Frosch, diverses Krabbel- und Fluggetier sowie nervöse Wesen wie eine Heuschrecke oder eine Schopfhenne.
    Löcher in der Leinwand
    Yuval Sharon setzt in seiner Auseinandersetzung mit dem "Schlauen Füchslein" ganz auf die Interaktion zwischen realen Darstellern und projizierten Bildern. Die Leinwand hat diverse Löcher, aus denen die Figuren herausgucken und agieren. Der Film ist vorproduziert und besticht durch zahllose hübsche Details. Er läuft jedoch nicht einfach so durch, sondern wird live gesteuert; alles richtet sich nach den Tempi des Dirigenten. Der Aufwand ist erheblich, das Ergebnis kann sich sehen lassen - zumal Sharon und seine Crew nicht nur dekorieren, sondern ab und an auch interpretieren, das Geschehen leicht erweitern.
    Wenn die Füchsin im Film zubeißt, tut sie dies über die gesamte Leinwandbreite und -höhe; dabei verzerrt sich ihr Gesicht monströs. Später blickt sie in einem Fluss auf ihr unruhiges Spiegelbild, noch später gleitet sie dort sanft hinab in einen kühlen Tod. So changiert die Aufführung recht geschickt zwischen reinem Nacherzählen und einer eigenständigen Ergänzung, etwa wenn zu den zahlreichen Zwischenspielen Vergänglichkeitsbilder, wie wütend wirbelnde Herbstblätter, auftauchen.
    Tolles Ensemble
    Das Badische Staatsorchester wird in immer neue Lichtstimmungen getaucht, dazu passend dirigiert Justin Brown einen farbenreichen, sehr dynamischen Janáček, galant und dennoch mit Ecken und Kanten. Man hört ein tolles Ensemble, zum Beispiel Uliana Alexyuk als vokal frische, äußerst freche Füchsin, Armin Kolarczyk als brummeligen Förster oder Konstantin Gorny, der eine sehr spezielle Doppelrolle zu bewältigen hat; er ist mal ein verschrobener Pfarrer, mal ein leicht verhaltensauffälliger Dachs.
    Das Ende schließt an den Anfang an, die Musik bewegt sich in größeren Bahnen und verweist auf den ewigen Kreislauf des Lebens. Freund Frosch taucht nochmals auf, doch es ist bereits der Enkel. Seinen Großvater sahen und hörten wir zu Beginn. Was für ein stimmiges und zugleich unsagbar trauriges Bild!