Henze-Oper in Stuttgart :
Der Träumer im Dienst der Gewalt

Von Gerhard R. Koch
Lesezeit: 4 Min.
Schlachtraum als Schlachtfeld: Pawel Konik (Zweiter Offizier), Robin Adams (Prinz Friedrich Artur von Homburg, stehend, Mitte), Mingjie Lei (Erster Offizier), Johannes Kammler (Wachtmeister), Michael Nagl (Dritter Offizier).
Ist der Fitness-Drill der Militarismus von heute? Stuttgarts Oper stellt Hans Werner Henzes „Prinz von Homburg“ neuerlich zur Diskussion.

Friedrich Nietzsches Schrift „Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben“ thematisiert, wie vielschichtig, ja mäandernd die Geschichtsschreibung der Instrumentalisierung von Vergangenheit dient. So hat ein konkreter Fall ein Labyrinth von Spätfolgen erzeugt: Im Juni 1675 schlug das Brandenburgische Heer bei Fehrbellin die Schweden. Dem Sieger hat Andreas Schlüter in einer Büste, im Bad Homburger Schloss, gehuldigt: ein Barock-Potentat, der sich inmitten Tausender Leichen sein Festmahl munden ließ. Ein größerer Kontrast als der zu seinem Theaternachfolger ist kaum denkbar. Heinrich von Kleists „Prinz von Homburg“ wurde zur Ikone des weltvergessenen Träumers, der sich der Wirklichkeit des Kriegsgesetzes widersetzt, demnach trotz seines Sieges als Befehlsverweigerer hinzurichten ist.

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