Grazer Oper:

„Lucia di Lammermoor“ als musikalisches Ereignis

Steiermark
24.03.2019 16:05

Was hätte das für ein Triumph werden können: ein großartiges Sänger-Ensemble und mit Andrea Sanguineti ein Dirigent, der das Orchester mit Emotion und Leidenschaft durch den Abend führte. Aber leider gab es da noch die Inszenierung von Verena Stoiber, die viel zu viel wollte und dennoch an Ideenlosigkeit scheiterte.

Es ist so spannend wie legitim, eine Oper gegen den Strich zu inszenieren, den Staub vergangener Zeiten wegzuwischen und Klischees aufzubrechen. Dazu braucht es aber gute und schlüssige Ideen. Es reicht nicht, Libretto und Partitur zu ignorieren und einfach neue Klischees als Ersatz für die alten anzubieten.

Die Frau als Opfer
Verena Stoiber und ihrer Ausstatterin Sophia Schneider gelingt in dieser „Lucia“ etwas, was man keinem männlichen Regisseur verzeihen würde, nämlich die Frau als reines Opfer darzustellen, ihr jeden Entscheidungswillen abzusprechen. Warum man zudem schon wieder ein Irrenhaus-Szenario - diesmal die öffentlichen Hysterie-Behandlungen in den Anatomie-Theatern des frühen 20. Jahrhunderts - benötigt, um Frauen vorführen zu können, erschließt sich ebenfalls nicht. Dass Lucia zudem ein Kind von ihrem Geliebten Edgardo erwartet und dieses verliert (unter tatkräftiger Mithilfe des bösen Bruders), hätte es als Beifügung zur ohnehin dramatischen Handlung um eine alte Familienfehde, verbotene Liebe, Täuschung und Verrat ebenfalls nicht gebraucht. Am allerwenigsten aber braucht es die sich permanent grundlos drehende Bühne, die immer nur die beiden gleichen Ansichten bietet, dafür aber den musikalischen Fluss aufstaut.

Ein musikalisches Ereignis
Dass diese „Lucia“ dennoch ein Pflichttermin für Opernfans ist, liegt an den herausragenden musikalischen Leistungen. Andrea Sanguineti führt das hervorragend einstudierte Orchester und eine außergewöhnliche Sängerschar durch den Abend, kostet die großen Emotionen in Donizettis Musik ebenso aus wie die zurückgenommenen Momente. Und er hat mit Ana Durlovski eine umwerfende Lucia zur Hand. Sie führt ihren vielschichtigen Sopran souverän durch alle Gefühlslagen, bringt sogar die berühmte Wahnsinns-Arie mit berührender Zurückhaltung.

Mehr als erfreulich ist es, dass die Oper Graz in ihrem Ensemble mit dem jungen Tenor Pavel Petrov einen ihr ebenbürtigen Edgardo hat. Er bringt sowohl den nötigen Schmelz, als auch die Kraft mit, um diesen tragischen Helden glaubhaft zu machen. Rodion Pogossov ist als Ashton ein würdiger Gegenspieler und von der Richtigkeit seiner Taten überzeugter Bösewicht, Alexey Birkus ein kraftvoller, manchmal sogar bedrohlicher Raimondo. Mehr als nur solide Stützen sind Albert Memeti (Arturo), Mareike Jankowski (Alisa) und Martin Fournier (Normanno).

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