Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musiktheater
Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum



La scuola de' gelosi
(Die Schule der Eifersucht)

Dramma giocoso in zwei Akten
Libretto von Caterino Mazzolà
Musik von Antonio Salieri


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Originalproduktion des Theaters an der Wien in der Kammeroper (2017)

Aufführungsdauer: ca. 2h 40'  (eine Pause)

Premiere im Staatenhaus Saal 3 in Köln am 31. März 2019


 



Oper Köln
(Homepage)

Verwirrspiel mit Türen

Von Thomas Molke / Fotos von Hans Jörg Michel

Antonio Salieri ist heutzutage den meisten nur noch als missgünstiger Rivale Mozarts ein Begriff, der auch an Mozarts Ableben nicht unbeteiligt gewesen sein soll. Was man allerdings vor allem aufgrund der berühmten Verfilmung des Dramas Amadeus von Peter Shaffer über Mozarts älteren Kollegen zu wissen glaubt, basiert auf einem Gerücht, das der Sänger Calisto Bassi verbreitet hat und dessen Wahrheitsgehalt heute nicht mehr überprüft werden kann. Belegt hingegen ist, dass Salieri bereits im Alter von 24 Jahren als kaiserlicher Kammermusiker und Theaterdirektor am Hof von Kaiser Joseph II. große Erfolge feiern konnte und insgesamt 38 Opern komponierte. Er war es auch, der Lorenzo Da Ponte nach Wien holte und ihm die Stelle des offiziellen Librettisten für die italienische Oper verschaffte. Da Pontes erster Arbeitsauftrag bestand darin, 1783 ein Werk Salieris zur Wiedereröffnung des Opernhauses in Wien zu überarbeiten. Die Wahl fiel dabei auf Salieris fünf Jahre zuvor komponierte Oper La scuola de' gelosi, mit der Salieri seinen wahrscheinlich größten musikalischen Triumph feiern konnte, der sich von Venedig aus über ganz Europa verbreitete. Gerade in den Ergänzungen von Da Ponte erkennt man bereits die Vorläufer von Mozarts Cosė fan tutte und Le nozze di Figaro. Nachdem die Oper Köln in der vergangenen Spielzeit mit großem Erfolg Florian Leopold Gassmanns Gli uccellatori in einer Produktion der Kammeroper des Theaters an der Wien übernommen hat (siehe auch unsere Rezension), präsentiert man nun im Saal 3 des Staatenhauses von demselben Regie-Team Salieris La scuola de' gelosi und greift dabei auf die veränderten Wiener Fassungen der Oper zurück.

Bild zum Vergrößern

Die Gräfin (Kathrin Zukowski) und der Graf (William Goforth, rechts) haben Streit (in der Mitte: Leutnant (Anton Kuzenok)).

Während der Untertitel von Mozarts Cosė fan tutte, La scuola degli amanti, als Anspielung auf den Titel in Salieris Oper betrachtet werden kann, dürfte die Figurenkonstellation eher an Mozarts Le nozze di  Figaro erinnern. Bei Salieri ist es der Graf Bandiera, der seiner Frau überdrüssig ist und stets nach neuen Liebesabenteuern dürstet. Während seine Gattin rasend eifersüchtig ist, hätte der Graf scheinbar auch nichts dagegen, wenn seine Frau sich mit seinem Freund, dem Leutnant, einließe. Das neueste Objekt seiner Begierde ist Ernestina, die Ehefrau des Getreidehändlers Blasio, der zu allem Überfluss auch noch von dem Grafen finanziell abhängig ist. Blasio rast ebenfalls vor Eifersucht und will seine Frau, die eigentlich gar kein Interesse daran hat, ihren Mann mit dem Grafen zu betrügen, einsperren. Das geht Ernestina allerdings dann doch zu weit, so dass sie sich auf ein Treffen mit dem Grafen einlässt. Der Leutnant will sowohl der Gräfin als auch Blasio helfen und rät ihnen, im Gegenzug die Eifersucht des Grafen und Ernestinas zu schüren. Es kommt zum Eklat, und jeder verdächtigt jeden. Da gesteht der Leutnant seine Intrige, und alle lernen ihre Lektion aus der "Schule der Eifersucht", zumindest bis zum nächsten Mal.

Bild zum Vergrößern

Ernestina (Alina Wunderlich) zwischen dem Grafen (William Goforth, links) und Lumaca (Matthias Hoffmann, rechts) im Narrenhaus

Das Regie-Team um Jean Renshaw setzt die Geschichte mit viel Tempo und enormem Spielwitz in Szene. Eingefügt wird wie schon bei Gli uccellatori ein Tänzer (Martin Dvořák) als stumme Rolle, der vor allem damit beschäftigt ist, das Bühnenbild zu verrücken und damit immer wieder neue Räume zu schaffen. Christof Cremer hat auf der Bühne, die von einem großen Raum mit Blumentapete eingerahmt wird, einen mehrfach ineinander drehbaren Rahmen in der Mitte der Bühne platziert, in dem drei Schwingtüren angebracht sind. Wenn die Rahmen und Türen eine einheitliche Front bilden, zeigen sie auf der einen Seite ein Gemälde einer unbekleideten Frau, die auf dem Bauch in einem Bett liegt, und auf der anderen Seite einen Mann, der sich mit einem Tuch bedeckt auf dem Rücken ausruht. Da die Rahmen auch einzeln drehbar sind, geraten diese Bilder ab und zu durcheinander. Bereits während der Ouvertüre tritt Dvořák auf und bringt die Bühne in Bewegung. In den Kostümen wird mit einer unterschiedlich blauen Musterung die Paarkonstellationen sorgfältig herausgearbeitet. Dabei werden auch die verschiedenen gesellschaftlichen Stellungen der Paare deutlich. Am einfachsten sind die Dienstboten gekleidet, wobei der dunkelblaue Rock des Kammermädchens Carlotta an einen voluminösen Staubwedel erinnert.

Bild zum Vergrößern

Der Graf (William Goforth) auf der Such nach den Frauen (auf der rechten Seite von links: Ernestina (Alina Wunderlich), die Gräfin (Kathrin Zukowski) und Carlotta (Arnheiður Eiríksdóttir)

Komödiantisch eingesetzt werden auch einzelne Requisiten wie beispielsweise ein Bügelbrett und ein Bügeleisen. Bei einzelnen dramatischen musikalischen Ausbrüchen setzt Carlotta unter anderem das Bügeleisen ein, um dem jeweiligen Protagonisten durch den Kontakt mit dem scheinbar heißen Bügeleisen zu stimmlichen Höchstleistungen zu verhelfen. Besonders witzig ist eine Szene, in der die Gräfin eine Tastatur auf das Bügelbrett legt und scheinbar eine Melodie anstimmt, während Carlotta immer wieder versucht, der Gräfin das Bügelbrett zu entwenden. Auch die Szene im Narrenhaus, in das sich der Graf am Ende des ersten Aktes zu einem Stelldichein mit Ernestina begibt und in das ihm sowohl Blasio als auch die Gräfin und Carlotta verkleidet folgen, wird mit großartigem Witz umgesetzt. Zur Tarnung tragen alle einen weißen Wischmob auf dem Kopf, um jeweils vor den anderen unerkannt zu bleiben. Doch die Gräfin, die als vermeintliche Zigeunerin mit Carlotta dem Grafen die Zukunft aus der Hand lesen will, verrät sich genauso wie der in Rage geratene Blasio.

Bild zum Vergrößern

Die Eifersucht gerät aus den Fugen (von links: Blasio (Matteo Loi), Ernestina (Alina Wunderlich), Graf (William Goforth), Gräfin (Kathrin Zukowski), Leutnant (Anton Kuzenok) und Carlotta (Arnheiður Eiríksdóttir)).

Die Mitglieder des Internationalen Opernstudios der Oper Köln überzeugen in dieser Produktion nicht nur szenisch durch große Spielfreude, sondern auch musikalisch auf ganzer Linie. Matteo Loi gestaltet die Partie des Getreidehändlers Blasio mit beweglichem Bariton und großem Humor. Mit großem Ausdruck gestaltet er seine Auftrittsszene, in der er sein Leid darüber klagt, dass man den Frauen nicht trauen könne. Matthias Hoffmann steht ihm als gewitzter Diener Lumaca mit markantem Bass zur Seite. Arnheiður Eiríksdóttir punktet als vorwitzige Dienerin Carlotta mit beweglichem Mezzo und verführerischem Spiel. Während sie weder bei dem Diener Lumaca noch bei dem Grafen etwas anbrennen lässt, ist ihr die Launenhaftigkeit des Kaufmanns hingegen zuwider, so dass sie ihren Dienst quittiert. Bei der Gräfin gerät sie allerdings vom Regen in die Traufe, was Eiríksdóttir mit kokettem Spiel umsetzt. Alina Wunderlin stattet Blasios Ehefrau Ernestina mit lyrischem Sopran und strahlenden Höhen aus. Dabei legt sie die Partie darstellerisch ein wenig zickig an, was in sprudelnden Koloraturen zum Ausdruck kommt, wenn sie sich über die unbegründete Eifersucht ihres Mannes beschwert. Zwar kokettiert sie mit dem Grafen, um ihrem Mann eine Lektion zu erteilen, wird dann allerdings sehr ungehalten, wenn er sich scheinbar gar nicht mehr für sie interessiert und selbst eine Geliebte hat.

Kathrin Zukowski überzeugt als Gräfin mit strahlenden Höhen und großer Leidensfähigkeit. Wie schwer sie sich damit tut, ihrem Mann die gleichgültige Gattin vorzuspielen, wird von Zukowski mit großartiger Komik umgesetzt. Ein Höhepunkt stellt ihre große Eifersuchtsarie dar, in der sie in atemberaubenden Koloraturen ihrer Wut und ihrem Wunsch nach Rache freien Lauf lässt. William Goforth stattet den Grafen mit einem weichen lyrischen Tenor aus und mimt darstellerisch überzeugend den Schwerenöter, der immer auf der Suche nach einer neuen Eroberung ist und dabei das Interesse an seiner Frau verloren hat. Musikalisch hervorzuheben sind seine Eroberungsarie im ersten Akt und sein Plädoyer für die freie Liebe im zweiten Akt. Anton Kuzenok rundet als Leutnant das junge Ensemble mit weichem Tenor überzeugend ab. Auch in den Ensemble-Szenen begeistern die Solisten durch jugendliche Frische. Arnaud Arbet arbeitet mit dem Gürzenich-Orchester Köln die zahlreichen Nuancen von Salieris Musik differenziert heraus, so dass es am Ende großen Jubel und begeisterten Applaus für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Die Produktion stellt unter Beweis, wie viel musikalisches Potenzial in Salieris Opernschaffen steckt, so dass zu hoffen ist, dass noch mehr Werke von Mozarts großem Konkurrenten zurück auf den Spielplan finden.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Arnaud Arbet

Inszenierung
Jean Renshaw

Bühne und Kostüme
Christof Cremer

Licht
Nicol Hungsberg

 

Gürzenich-Orchester Köln

Hammerflügel
Luca Marcossi

 

Solisten

Graf Bandiera
William Goforth

Gräfin Bandiera
Kathrin Zukowski

Blasio, Getreidehändler
Matteo Loi

Ernestina, Blasios Ehefrau
Alina Wunderlin

Lumaca, Blasios Diener
Matthias Hoffmann

Carlotta, ein Kammermädchen
Arnheiður Eiríksdóttir

Der Leutnant, Blasios Cousin und Freund des Grafen
Anton Kuzenok

Carosello Dubbio
Martin Dvořák


Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Oper Köln
(Homepage)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Musiktheater-Startseite E-Mail Impressum
© 2019 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de

- Fine -