Solothurner Stadttheater
Opern-Highlight mit speziellem Barock-Sound

Mit «Dido and Aeneas» gab der Solothurner Dirigent Andreas Reize einen fulminanten Einstand im Stadttheater Solothurn, wo die Tobs-Premiere, der von Anna Drescher inszenierten und Hudda Churki ausgestatteten Purcell-Oper frenetisch gefeiert wurde.

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Bühne des Stadttheater Solothurn

Bühne des Stadttheater Solothurn

Hanspeter Bärtschi

Andreas Reize hat sich mit der historischen Aufführungspraxis einen Namen gemacht, die Barockoper in den Garten von Schloss Waldegg gebracht. Nun erlebte der Barockspezialist gleich eine dreifache Premiere: Erstmals leitete er das Sinfonie Orchester Biel Solothurn, dirigierte im Stadttheater Solothurn und mixte historische und moderne Instrumente zu einem ganz eigenen «Barock-Sound». So werden anstelle der Querflöten Blockflöten eingesetzt und die Continuo-Gruppe umfasst ein Cembalo und eine Orgel, die Streicher verwenden Barockbogen. Dass moderne Schlagwerk verstärkt den ganz eigenen «Reize-Purcell-Groove». Andreas Reize packt den düster-sehnsuchtsvollen Grundton in einen affektreichen und rhythmisch akzentuierten Klangrausch. Unterstützt von gut disponierten Sängerinnen und mit Jonathan Sells einem Bariton, der in Purcells Heimat geboren wurde.

Anna Drescher stellt Didos Drama in den Mittelpunkt, Hudda Chukri kleidet die Protagonistinnen in wallenden Tüll über fleischfarbene Trikots, betont so das doppelbödige der mystischen und realen Welt der Figuren, die Mario Bösemann einmal mehr raffiniert ausleuchtet. Faszinierend die von Damien Liger choreografierten Tanzeinlagen. So glücklich sich musikalisch und szenisch alles fügt, so unglücklich endet die Geschichte der karthagischen Königin Dido und dem trojanischen Prinzen Aeneas. Obschon Aeneas sich in Dido verliebt, verlässt er die Geliebte auf den vermeintlich göttlichen Ratschluss hin. Dido kann das Schicksal nicht akzeptieren und entscheidet sich für den Suizid.

Carine Séchaye ist eine ideale Dido und Zauberin, beherrscht alle gestalterischen Nuancen und überzeugt vor allem im dynamisch verhaltenen Differenzieren. Aber auch Expressivität steht ihr zu Gebote und mit dem elegischen Lamento setzt sie einen wunderbaren Schlusspunkt. Ihr stimmlich ebenbürtig – wenn auch mit partiebedingt weniger Entfaltungsmöglichkeiten – zeigt sich Jonathan Sells. Seine Stimme führt er elegant, verfügt über einen stabilen Kern und ein schönes Melos. Sängerische Kraft entfaltet sich frei und leicht, lyrische Passagen geraten ebenfalls überzeugend. Auch andere zentrale Rollen sind glücklich besetzt: So sticht die aus Singapur stammende Sopranistin Xiang Ting Teng als Didos Schwester Belinda und erste Hexe mit unforcierter und eleganter Stimme aus dem Ensemble heraus: Leichte und virtuose Phrasen wechseln mit dramatisch-virilen Passagen. Die junge Schweizerin Viktoria Kadar studiert am Opernstudio Biel und wusste die Auftrittschance als zweite Hexe gut zu nutzen. Aufhorchen liess der toll agierende und von Valentin Vassilev vorbereitete Chor mit kristallin-schlanken Registern und kontrolliertem Singen. Die Choristen entfalteten aber auch die in einigen Szenen geforderte Wucht und Schlagkraft.

Schliesslich das Orchester: Es artikulierte fein, verfügte über einiges Temperament, spielte rhythmisch präzis und überzeugte in variablen, farbigen Besetzungen. Sämtliche Tempi sind gut gewählt: Klare Konturen sorgen für einen dramatischen Sog und reflektiertes Innehalten, viele Übergänge gelingen elegant und selbstverständlich. Wer Opern aus dem Barock liebt, wird in den Theatern Solothurn und Biel mit einer tollen Produktion beglückt.