Kastratenoper wiederbelebt :
Das kann man eigentlich nicht singen – oder doch?

Von Werner M. Grimmel, Innsbruck
Lesezeit: 4 Min.
David Hansen in der Rolle, die Riccardo Broschi für seinen Bruder, den Kastraten Farinelli geschrieben hatte.
Den Innsbrucker Festwochen für Alte Musik ist eine sensationelle Ausgrabung gelungen: Riccardo Broschis Barockoper „Merope“ mit einem atemraubenden Sängerensemble.

Der Komponist Riccardo Broschi ist der Nachwelt hauptsächlich als älterer Bruder des berühmten Kastraten Carlo Broschi im Gedächtnis geblieben. Schon zu Lebzeiten stand er im Schatten des legendären Sängers, der unter dem Künstlernamen Farinelli in ganz Europa Triumphe feierte. Und noch in Gérard Corbiaus Film „Farinelli“ von 1995 wird er als kompositorischer Stümper abgekanzelt. Riccardo wurde 1698 in Neapel geboren und erhielt dort seine musikalische Ausbildung vermutlich bei Francesco Durante. Nach ersten kompositorischen Erfolgen in seiner Heimatstadt wurde er international vor allem durch Opern bekannt, die seinem Bruderherz effektvolle Auftritte ermöglichten. Da ihm Carlos Stimme in all ihren Facetten und Entfaltungsmöglichkeiten von Grund auf vertraut war, konnte er ihm wie sonst nur dessen Lehrer Nicola Porpora Arien passgenau auf den Kehlkopf schreiben. Als Höhepunkt dieser Seria-Werke kann das Musikdrama „Merope“ gelten, das 1732 in Turin aus der Taufe gehoben wurde. Nach einem unsteten Wanderleben zwischen Italien, Deutschland und vielleicht auch England erhielt Riccardo Broschi 1736 in Stuttgart eine Anstellung, die er jedoch bald wieder verlor. Frustriert folgte er wenig später Carlo nach Madrid, wo er 1756 starb.

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