Das Volk scheint begeistert von Philipp II. (Timo Riihonen).

Foto: Werner Kmetitsch

Von all den scheiternden Zweierbeziehungen dieser tiefsinnigen Verdi-Oper ist jene zwischen Philipp II. und Elisabeth wohl die destruktivste. Die junge Dame, emotional eigentlich an Don Carlo gebunden, ist bereits vor ihrem ersten Ton als zerknirscht betende und in Melancholie versunkene Schmerzensfrau zu erleben. Es erdrückt sie die Last der Vernunftehe mit Don Carlos Vater.

Diese Elisabeth (delikat im Lyrischen Aurelia Florian) wird aus ihrem Zustand nie erwachen; nur in Visionen erscheint sie dem misstrauischen König (eindringlich Timo Riihonen) heiter: In einer seiner Qualvorstellungen wirkt Elisabeth ausgelassen; sie tanzt selig mit ihrem Don Carlo (klangschön Mykhailo Malafii), während dem leidenden Monarchen der paranoide Eifersuchtsschädel zu explodieren droht.

Das Individuum und seine Zerrissenheit

Dass die Inszenierung am Grazer Opernhaus reichhaltige Einblicke in die Seelenkonflikte der Figuren gewährt, das Individuum und seine Zerrissenheit zwischen öffentlicher politischer Machtpose und privater Fragilität erhellt, verdankt sich auch der flexiblen Raumlösung (Bühnenbild: Gideon Davey): Diese an sich gestisch durchaus konventionell angelegte, jedoch intelligente Inszenierung von Jetske Mijnssen wirkt wie in eine ehrwürdige Holzschatulle gebeamt, an deren Wänden historische Porträts der Protagonisten hängen. Es gibt für alle, auch für Eboli (solide Oksana Volkova) und Posa (souverän Neven Crnić) somit auch symbolisch kein Entrinnen aus der klaustrophoben Enge der Verhältnisse.

Einsames Singen

Verschiebbare Wände teilen und verkleinern den Raum bisweilen zusätzlich: Elisabeth etwa kommuniziert da intensiv mit Don Carlo. Allerdings bleibt sie für ihn bisweilen unsichtbar (da im Nebenraum) und muss sich keinerlei höfische Pose abringen. Solch räumliche Herstellung von Einsamkeit fördert die Subtilität eines Kammerspiels und auch jene der "Massenszenen".

Wenn etwa beim Autodafé die Rebellen aus Flandern mit den gefolterten "Ketzern" ident werden und auf langen Tischen am zweifelnden und dann doch kühlen Philipp II. vorbeirollen, ist szenische Dichte garantiert.

Das Orchester ist intensiv, prägnant und auch klangsensibel dabei. An exponierter Stelle wirkt es zwar bisweilen lautstärkemäßig etwas raumsprengend. Chefdirigentin Oksana Lyniv arbeitet allerdings auch jene erhellende, in die Tiefe gehenden Kantabilität heraus, die in intimen Szenen das eigentliche Rückgrat der zu vermittelnden Tragik darstellt. (Ljubiša Tošić, 29.9.2019)