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Randall Jakobsh (Hagen), Herrenchor und Extrachor des Oldenburgischen Staatstheaters. Foto: Stephan Walzl
Randall Jakobsh (Hagen), Herrenchor und Extrachor des Oldenburgischen Staatstheaters. Foto: Stephan Walzl
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„Götterdämmerung“ – Paul Esterhazy vollendet am Staatstheater Oldenburg grandios seinen Ringzyklus

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Die Waschküche, aus der am Anfang von Richard Wagners „Rheingold“ den Rheintöchtern von Wotan der Ring gestohlen wird (2017), ist nun in der Aufführung durch das Oldenburgische Staatstheater wiederzusehen: In der „Götterdämmerung“, das seine zu Recht umjubelte Premiere hatte. Ute Schalz-Laurenze berichtet.

Der Regisseur Paul Esterhazy wiederholte mit der ungemein geschickt genutzten Drehbühne (Mathis Neidhart) mehrere Bühnenbilder – wie auch schon für „Die Walküre“ und „Siegfried“. Insgesamt wird nicht nur dadurch die monumentale, sechzehnstündige Geschichte „Ring des Nibelungen“, schlüssig erzählt, sondern auch durch manche durchgehenden Besetzungen. So war Nancy Weißbach schon in der Walküre als seelisch schwer verletzte Wotantochter Brünnhilde, jetzt in der „Götterdämmerung“ nimmt sie die Fäden in die Hand und sorgt mit dem Brand von Walhall dafür, dass Wotans verkorkste Götterwelt untergeht und es vielleicht anders weitergehen kann. Ihre schauspielerische und überragend gesangliche Leistung dieser Riesenpartie setzt ergreifende Maßstäbe.

Mit der Welt der „Götterdämmerung“ zeigt der Österreicher Esterhazy einmal mehr seine politik-, bzw. machtkritische Sicht, indem die Personen keine Götter, sondern in einem schweizerischen Bergdorf böse, sich belauernde und zerstörerische Menschen sind, wie Wagner selbst den Mythos ja auch als „ungemein scharfe Erkenntnis vom Wesen des Besitzes, des Eigentums“ gesehen hat. Allen voran Randall Jakobsh als Drahtzieher Hagen, dessen Intrigenfäden alle zu spüren bekommen: der einfältige und tapsig-marionettenhaft Gunther (Michael Kupfer-Radesky) und seine Schwester Gutrune (Aile Asszonyi), die sich an Siegfried heranmacht. Vor allem aber Siegfried, der nach Verabreichung des Zaubertranks seine Vergangenheit vergisst. Seine Naivität, Unwissenheit und Lebenslust wurde wunderbare Gestalt durch Zoltán Nyáry (Siegmund in „Walküre). Das alles und vieles mehr ist psychologisch fein herausgearbeitet und sorgt für fünfeinhalb Stunden krimiartige Spannung. Melanie Lang (Fricka aus „Rheingold“ und „Walküre“) bot an diesem Abend eine große Waltraute, als sie vergeblich Brünnhilde zur Rückgabe des Goldes bewegen will. Die Rheintöchter setzen mit der Ermordung Hagens starke Akzente, ebenso Leonardo Lee als Alberich. Toll auch der Chor als ein Haufen zu gehorchender Passivität verdammter Menschen.

Da bleiben keine Wünsche offen

Die Komplexität der Story ist nicht immer durchschaubar, aber die Inszenierung bezieht ihr hohes Niveau auch aus der Tatsache, dass im Grunde genommen die Musik mit dem Netzwerk ihrer immer beziehungsreichen und verweishaften Themen die Geschichte erzählt. Da lässt Esterhazy dem Oldenburgischen Staatsorchester und dem Dirigenten Hendrik Vestmann allen Raum: die Durchsichtigkeit, die Transparenz, die Spannungsaufbauten mit ihren Crescendi und treibenden Rhythmen, die Klangfarbe: da blieben keine Wünsche offen. Mit solchen Leistungen – und da dürften besonders die Bläser eigentlich einzeln genannt werden – verbietet sich der Ausdruck „Provinz“ oder auch „kleines Haus“, wie auch schon in Chemnitz zum Beispiel.


Die nächsten Aufführungen sind jeweils um 16 Uhr am 3., 13., 20., 27., und 31.10. und am 3.11. 2019. Der komplette Zyklus wird vom 26. Juni bis 4. Juli 2020 und noch zweimal im Herbst 2020 in Oldenburg gezeigt.

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