Puccini-Oper in Frankfurt :
Unerwärmter Laserstrahlsopran

Von Wolfgang Fuhrmann
Lesezeit: 4 Min.
Hin- und hergerissen zwischen der Ökonomie des Kapitals und der des Begehrens: Manon Lescaut muss sich entscheiden.
Sie weiß, was sie alles will, aber nicht, wie sie alles kriegt: Asmik Grigorian als Giacomo Puccinis „Manon Lescaut“ an der Oper Frankfurt.

Wer ist Manon Lescaut, wenn nicht ihr Körper? Das, was man so landläufig Bewusstsein nennt oder alteuropäisch Seele, Herz, Gemüt, spielt für sie keine Rolle, allenfalls als Störfaktor. Der Regisseur Àlex Ollé, Mitglied der katalanischen Theatereingreiftruppe La fura dels baus, versteht an der Oper Frankfurt die Geschichte des jungen Mädchens, das an den Männern verbrennt wie die Motte am Licht, weder als Geschichte der verführerischen Femme fatale noch als Ballade von der sexuellen Hörigkeit. Ihn interessiert, wie Menschen auf ihre Körper reduziert werden. Das erinnert an derzeitige politische Diskurse, in denen es bei Flüchtlingen und Asylbewerbern um Stückzahlen geht wie in der Steckrübenproduktion. Ollé liest also Manon als Parabel auf die Situation von (Wirtschafts-)Flüchtlingen. Das hätte schrecklich schiefgehen können, mit moralisierenden Gruselbildern aus den Lagern. Doch geht es auch auf der musikalischen Schaubühne nicht um die Frage, ob, sondern wie sie als moralische Anstalt wirksam werden kann. Und Ollés Inszenierung von Puccinis „Manon Lescaut“ mag ihre Unstimmigkeiten haben, doch hinterlässt sie einen tiefen und nachwirkenden Eindruck.

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