„Samson et Dalila“ in Berlin :
Es ist dein Gott, auf den ich neidisch bin

Lesezeit: 4 Min.
Ein lebendes Bild, zuckend vor Lust, als hätte Hans Makart es gemalt: das Bacchanal im dritten Akt mit Tänzerinnen und Chor der Berliner Staatsoper.
Auch wenn Aktualisierungsspießer buhen: Daniel Barenboim und Damián Szifron deuten an der Staatsoper in Berlin „Samson et Dalila“ von Camille Saint-Saëns vorzüglich als klingende Theologie und Psychologie.

Die Philister sind überall und saugen sich mit ihren Sitzorganen fest in dieser Welt. Robert Schumanns „Marsch der Davidsbündler gegen die Philister“ – Marcel Reich-Ranicki nannte ihn die „Hymne der Kritik“ – konnte ihnen auch nicht die Sessel unterm Hintern wegtreten. Bei der Premiere von „Samson et Dalila“ an der Berliner Staatsoper Unter den Linden sind natürlich viele Philister im biblischen Sinne, also die vorchristlichen Feinde des Volkes Israel, auf der Bühne. Tomasz Kajdański hat für sie, den umwerfenden Staatsopernchor und einige Tänzerinnen, eine Choreographie zuckender Lust an der Ermordung mehrerer Juden ersonnen, von Olaf Freese ausgeleuchtet wie ein Gemälde von Hans Makart. Aber dann melden sich die Philister im Saal und buhen mit Vehemenz den Regisseur Damián Szifron beim Schlussapplaus nieder, vermutlich nicht nur, weil der echte Wolfshund am Anfang den richtigen Weg von der Bühne nicht gefunden hatte und der tote Stier, den Samson hereinzog, in der Gasse verklemmt war. Nein, sie buhen vor allem, weil ihnen die historisierende Sandalenfilmästhetik der Kostüme von Gesine Völlm und der Bühne von Étienne Pluss zu altmodisch war.

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